Die Verkehrswende und der Irrweg

Gastbeitrag von Kurt Rohmert
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Marode Brücken, kaputte Straßen, endlose Staus. Statt „Freie Fahrt für freie Bürger“ herrscht auf vielen Strecken Stillstand und Chaos. Und obwohl die Straßen jetzt schon überlastet sind, nimmt der Verkehr ständig weiter zu. Verkehrsinfarkt? Ja, sagte bereits Minister Dobrindt. Reicht es da, nur über Investitionen für die desolate Infrastruktur nachzudenken?

Einige Fakten: Der Güterverkehr wird um 38% steigen, das meiste davon auf den Autobahnen per LKW. 80% aller Güter rollen über die Autobahn. 43% Steigerung bei der Bahn, obwohl 2/3 der Gleisanschlüsse stillgelegt wurden. Der Flugverkehr steigt gar um 65%. Trotz rückläufiger Bevölkerung steigt der PKW Verkehr um 13%. (Verkehrsministerium). NRW ist Stauland Nr.1. Deutschland die Drehscheibe Europas.

Bleibt die Frage, wie kommen die Menschen besser von A nach B? Über den Denkfehler in Sachen Energiewende habe ich schon im 1.Teil (Energiewende) geschrieben. Deshalb bleiben wir beim Thema und betrachten den Denkfehler, besser noch den Irrweg, in Sachen Verkehr. Laut wikipedia bezeichnet der Begriff Verkehrswende den Prozess, Verkehr und Mobilität auf nachhaltige Energieträger und eine Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs umzustellen. Dieser wegen verschiedener Probleme nötige Prozess erscheint sehr komplex, weshalb gute Ideen sicher sinnvoll erscheinen. Für die Heinrich-Böll-Stiftung der Grünen, die ich im ersten Artikel dieser Reihe bereits erwähnte, erscheint alles dagegen ganz simpel. (1) Warum? Denn ab morgen fährt das Auto elektrisch, genauer „Es fährt grün“.

Während bei der Energiewende zuerst die Kraftwerke abgeschaltet werden und man anschließend über funktionierende Alternativen nachdenkt, läuft es jetzt in Sachen Verkehr ähnlich. Beispiel: Die EU und das Europa Parlament haben sich darauf verständigt, den CO2 Aussstoß von Neuwagen bis 2030 um 37,5 % zu senken. (2) Was bedeutet das? Für die Autohersteller führt kein Weg mehr vorbei an einem schnellen Abschied vom Verbrennungsmotor. Denn ein Auto dürfte im Schnitt höchstens 2,6 L Benzin verbrauchen, was technisch nicht machbar ist. Werden diese Ziele nicht erreicht, drohen Strafzahlungen und letztendlich vielleicht sogar Entlassungen in einer ehemals florierenden Autoindustrie.

Dirk Maxeiner, früher mal Chef der Zeitung natur, ist heute selbständiger Journalist und bekannt durch sein Buch „Hurra wir retten die Welt“. Er beschreibt den Vorgang bei der EU so: „Was mache ich, wenn ich den Leuten das Auto und die individuelle Mobilität verbieten will, mich aber nicht so richtig traue? Ich erlasse technische Vorschriften, die das Auto so verteuern, dass es sich ein normaler Autofahrer nicht mehr leisten kann. Für die, die es sich dennoch weiter leisten können, halbiere ich die Reichweite und reduziere die Zahl der Tankstellen, so dass man dort Schlange stehen muss. Mit diesen zwei einfachen Schritten erledige ich ganz nebenbei eine einstmals florierende Automobilindustrie. Damit niemand widersprechen kann, führe ich als Begründung für das Verfahren die Rettung der Menschheit an. Wer dennoch mault, ist destruktiv und moralisch verkommen, kurz ein Staatsfeind. Das Verfahren klingt eher nach Kuba oder Venezuela. Es wurde aber gestern im Europäischen Parlament beschlossen.“

Um das Ziel zu erreichen, müssen deshalb bis 2030 – also in etwa zehn Jahren – 40 Prozent aller Autos E-Autos sein. Klingt aufs erste vernünftig, ist es aber nicht. Zunächst sind E-Autos nur so sauber wie der Strom, den sie tanken. Da sie keinen Auspuff haben, stoßen sie zwar kein CO2 aus. (3) Aber der sog. Fußabdruck sieht weniger gut aus: Ein PKW mit herkömmlichen Motor könnte 8 Jahre gefahren werden, bevor es die Umwelt so stark belastet wie die Akku-Produktion eines E-Autos. Dabei ist der Stromverbrauch nicht eingerechnet (Schwedische Studie aus 2017). Trotzdem hält sich das Gerücht: Elektroautos gelten als Heilsbringer, sie seien umweltfreundlich, sauber, nachhaltig.

Zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Schweden kamen in der Karwoche der renommierte Ökonom Hans-Werner Sinn, der Physik-Professor Christoph Buchal (Uni Köln) und Hans-Dieter Karl, was die Ökobilanz des E-Autos im Vergleich zum Diesel angeht. Das Resultat der Betrachtung ist ernüchternd: grob gesagt, das E-Auto schneidet nicht besser ab ! (4) In die Berechnung gingen sämtliche Faktoren ein, sowohl der Energieaufwand für die Akku-Produktion wie auch der Nettostromverbrauch mit Daten des Bundesumweltamtes. Somit dürfte dieser Irrweg kein relevanter Beitrag einer Dekarbonisierung unserer Zukunft sein, also auch kein Baustein der Verkehrswende.

Entweder können die Umwelt-Aktivisten nicht rechnen oder sie blenden Tatsachen einfach aus. So erklärt sich auch die Ignoranz beim Problem der Akkuproduktion. Die Gewinnung der Rohstoffe (fest in chinesischer Hand) für die Akkus ist menschenverachtend und umweltschädigend. (4) Also nur ein scheinbar sauberes Geschäft?

Für die Produktion von Akkus braucht es vor allem die Metalle Kobalt und Lithium. Ohne diese Metalle kommt keine moderne Elektroautobatterie aus. Denn sie beide sorgen in der Batterie für eine hohe Energiedichte und eignen sich bestens als Kraftspender für E-Autos. Doch die Abbaumethoden der begehrten Rohstoffe bleiben verborgen. Die riesigen Mengen Metall stammen vor allem aus dem Kongo und Chile. Das Geschäft lohnt sich für die Betreiber der Minen, nicht für die Bevölkerung. Obwohl die Missstände bereits heute bekannt sind, die Arbeiter hochgiftige Stäube einatmen, Kinderarbeit an der Tagesordnung ist, die Umweltschäden immens sind (Atacama Wüste in Chile) und letztlich auch Tiere wie der Andenflamingo ausgerottet werden, scheint das einer Ideologie nichts auszumachen. Ähnlich wie bei der Zerstörung von Landschaft durch Windräder gilt hier nur: „Grüne Umweltpolitik muss radikal sein“, so die Bundestagsfraktion der Grünen. (5)

Die Konsequenzen dieser Politik werden wir alle spüren. Breite Bevölkerungsschichten werden von der Mobilität abgekoppelt. Das gilt besonders für die, die aufs Auto angewiesen sind wie Pendler. Ähnlich wie bei der Stromverteuerung wird es auch die treffen, die diese Zwangsverteuerung nicht bezahlen können. Und die Bedeutung der Autoindustrie für Deutschland und die damit verbundenen Arbeitsplätze sind existenziell für uns alle.

Fazit: Hier fällt mir der Kabarettist Dieter Nuhr ein: „Es wird oft vergessen, dass es durchaus Wohlstandseinbußen geben könnte, wenn wir nur noch Kartoffeln produzieren. Ich fürchte, unser Wohlstand basiert zu einem nicht geringen Teil auf der Autoindustrie. Doch das Auto ist der Volksfeind Nr. 1. Wir vernichten gerade alles, was irgendwie unseren Sozialstaat bezahlen könnte.“ (Siehe Jahresrückblick 2018)

(1) https://www.boell.de/de/kommunale-verkehrswende?dimension1=ds_verkehrswende 

(2) http://www.spiegel.de/auto/aktuell/co2-grenzwerte-eu-beschliesst-strenge-klimaziele-fuer-pkw-bis-2030-a-1244320.html

(3) https://www.focus.de/Auto/Elektroauto/e-Auto-Batterie-viel-mehr-co2-als gedacht_id_7246501.html

(4) https://www.zdf.de/nachrichten/heute/scheinbar-saubere-elektromobilitaet-100.html

(5) https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/Vorstandsbeschluss-radikale-Umweltpolitik.pdf

One Comment on “Die Verkehrswende und der Irrweg”

  1. Seit Jahren erleben wir in vielen Bereichen, dass man zuerst das Bewährte beseitigt, um Platz für den angeblich großen Wurf zu schaffen, zu dem die Besserwisser aber meist nicht fähig sind. Was bleibt ist die bittere Erkenntnis, dass man nicht einmal intelligent sein muss, um sich als Politiker für klüger als alle anderen zu halten !

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