Merkel und Macron in Marseille

Marseille hinter den Kulissen

„Europa fest im Griff“ haben laut eigener Worte  Merkel und Macron, die sich gerade in Marseille zu einem Gespräch ohne Worte trafen. Vor den Kameras äußerte Macron, Deutschland und Frankreich wollten aus der Migration „eine Chance machen, keine Befürchtung“. Merkel paarte wieder einmal Versprechungen mit Zukunft, was in Marseille so klang:  „Wir werden in wenigen Monaten Europawahl haben, aber wir wollen bis dahin noch einiges schaffen.“
Der große Europäer Macron muss Merkel in Sachen Flüchtlinge den Rücken stärken, denn seine Flüchtlingspolitik ist alles andere als vorzeigbar. Rund eine Million Migranten stellten 2016 einen Asylantrag in Deutschland, in Frankreich waren es 84.000. Flüchtlinge, die nach Frankreich umverteilt wurden, wollten schnell zurück nach Deutschland. Macron plädiert für Aufnahmelager in Europa und Sanktionen gegen Staaten, die keine Migranten unterbringen.
Im eigenen Land lässt Macron die Asylpolitik nicht schleifen und betreibt sie mit größerer Strenge als Merkel. Die Interessen des eigenen Landes scheinen ihn jedenfalls mehr zu interessieren als es bei Merkel der Fall ist. Da scheut sich Macron auch nicht, den Italienern und Spaniern ihre Flüchtlinge gleich wieder zurückzuschicken. Und was die Häfen betrifft, so scheint es in Frankreich gar keine zu geben. Selbst als das Flüchtlingsschiff „Aquarius“ mit über 600 Migranten an Bord einen Hafen suchte, weil ihm Italien die Einfahrt verweigerte, warf Macron Italien „Zynismus und Verantwortungslosigkeit“ vor. Ein Sprecher erklärte, das internationale Seerecht schreibe vor, „dass im Notfall die nahe gelegenste Küstenregion eine Pflicht zur Aufnahme“ von Flüchtlingen habe. Macron fühlte sich aus welchen Gründen auch immer diesbezüglich nicht angesprochen und wie man heute weiß, legte das Schiff dann in Spanien an.

Aber kümmern wir uns einmal um den Ort dieses Treffens, der ja von Merkel besonders hervorgehoben wird. In einer Weltspiegel-Reportage wird Marseille als Frankreichs Hauptstadt für Kriminalität, Drogen, Mord und Totschlag bezeichnet. La Savine, eines der 16 Departements der Stadt, gilt als Ort der Verlorenen und Verdammten, wohin sich auch die Polizei nicht traut. Die Einwohner dieser stets auch in Deutschland hochgelobten Stadt setzen sich zusammen aus 40% Ausländern und 10% Flüchtlingen. Insgesamt betrachtet haben insgesamt 90% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Der Bürgermeister versucht inzwischen, die Stadt langsam, Viertel für Viertel zu sanieren und stemmte sich seit Jahren hartnäckig gegen den Bau einer Moschee im Zentrum der Hafenstadt, die eine der größten in  Europa werden sollte. So wie man kein Pauschalurteil über einen Menschen, eine Stadt, ein Land, einen Politiker abgeben darf, verhält es sich auch mit Marseille. 2013, als Marseille Kulturhauptstadt wurde, brach ein regelrechter Bauboom aus und verschönerte Teile der Stadt. Doch die Ghettos blieben Ghettos und Drogen, Mord und Totschlag blieben der Kulturhauptstadt erhalten. Der Journalist Philippe Pujol beschreibt in seinem Buch „Die Erschaffung des Monsters“ das, was Touristen nicht sehen und nicht sehen sollen. Für ihn ist das Monster die kranke Republik, wie er sagt. Der Front National unter Marine Le Pen brachte es in mehreren Stadtteilen von Marseille auf 35%.

Macron allerdings gilt mehr als Retter Europas als der seines eigenen Landes – ebenso wie Merkel. Ihre Positionen sind multikulturell, postnational und postdemokratisch. Das christliche Europa gehört der Vergangenheit an. Islam rein, Juden raus – das scheint die zukünftige Duldungspolitik der beiden einzigen europäischen Verbündeten zu sein. Eine wachsende Zahl von Europäern sieht in diesem Trend die Zerstörung ihrer eigenen Zivilisation und hat für Parteien gestimmt, die sich dagegen wehren.

Schweden und Deutschland sind ebenfalls Kandidaten, bei denen der Protest gegen die Nicht-Begrenzung weiterer Zuwanderung immer lauter wird. Erinnern wir uns auch darum zum wiederholten Mal an die Aussage des Yascha Mounk, der von den politischen in Europa stattfindenden Ereignissen als einem geplanten Experiment spricht. „Verwerfungen wird es geben“, beschreibt er die gesellschaftliche Transformation, „aber es wird gelingen“. Was also die Spatzen angesichts des deutschen Sonderweges in der Migrationspolitik längst von den Dächern pfeifen, während es im regierungsnahen Funk und von etlichen Leid(t)medien bislang stets als bösartige Verschwörungstheorie verfemt wurde, das erfuhr der verdutzte Michel Anfang des Jahres zu später Stunde beiläufig aus den Tagesthemen.

Zählen wir also die getöteten Opfer in Berlin, Köln, Cottbus, Chemnitz, Kandel, Landau und die vielen Verletzten dieser gespaltenen Gesellschaft zu den erwarteten und angekündigten Verwerfungen? Die Vermischung der Bevölkerung, der Bildungsnotstand und das Ende der Meinungsfreiheit werden dem Gelingen dieses Experiments in die Hände spielen und für das Verstummen oppositioneller und konservativer Argumente und Kräfte sorgen.

Je weiter die Gesellschaft sich von der Wahrheit weg bewegt, desto mehr hasst sie diejenigen, die sie aussprechen. (George Orwell)

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