Gastbeitrag von Carsten Redler
Das Gespenst der Inflation klopft an die Tür
Inflation entsteht, wenn die Geldmenge schneller als die Produktion von Gütern und Dienstleistungen wächst (Resultat: steigende Preise).
Bei der Deflation verhält es sich umgekehrt d. h. die Produktion von Gütern und Dienstleistungen wächst schneller als die Geldmenge (Resultat: sinkende Preise).
Insofern ist es wichtig, die Geldmenge an die Produktion von Gütern und Dienstleistungen anzupassen, um eine Geldwertstabilität zu erreichen.
Die stark forcierten Schuldenexzesse der Staaten im Rahmen der Pandemie, finanziert durch die Notenbanken in Form von ungedecktem Geld (Geld auf Knopfdruck), lässt vermuten, dass nunmehr die Geldmenge wesentlich schneller wächst als die Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen und dies somit zur Inflation führt. De facto führt die Pandemie weltweit sogar zu einer rückläufigen Produktion, was die inflationäre Ausgangssituation noch verschärft (wachsende Geldmenge trifft auf sinkende Produktion).
Die Geldpolitik in der Eurozone
Betrug die Bilanzsumme der EZB am 1.1.1999 nur 697 Mrd. Euro (10,85 % des Bruttosozialproduktes der Eurozone, so beträgt die Bilanzsumme Ende September 2020 6,71 Billionen Euro. Ende 2019 waren es noch „nur“ 4,70 Billionen Euro. Das ist ein Zuwachs von 2,01 Billionen oder 42,77 % in neun Monaten (durchschnittlich 223,3 Mrd. pro Monat).
Siehe dazu:
– Struktur einer Zentralbankbilanz
– Daten zum Jahresabschluss der EZB 2019
– Entwicklung der EZB-Bilanzsumme bis aktuell
Die Ausweitung der Bilanzsumme wurde durch die Finanzierung der Staaten durch die Notenbank (EZB) betrieben, indem sie deren Staatsanleihen indirekt (via Banken) aufkaufte und so das notwendige „Geld“ zur Verfügung stellte. Der direkte Ankauf der Staatsanleihen ist der EZB zwar durch die europäischen Verträge verboten, doch wer hält sich schon in der EU an Verträge. Deshalb der Umweg über die Banken. Die Liste der EU-Vertragsverletzungen durch die EU-Partnerländer ist lang. Die EU-Verträge sind de facto allenfalls Absichtserklärungen.
Auch in den kommenden Monaten ist mit einem weiteren starken Anstieg der EZB-Bilanzsumme zu rechnen, da die EU-Staaten weitere Wiederaufbau- und Rettungsprogramme in der Covid-19-Krise auflegen und natürlich auch die entstehenden Haushaltsdefizite finanziert werden müssen (mehr Ausgaben, weniger Steuereinnahmen).
Zusätzlich müssen möglicherweise durch die zu erwartenden hohen Schuldenausfälle demnächst auch noch einige Banken in Europa gerettet werden. Nach Schätzungen der EZB belaufen sich die faulen Kredite in den Bankbilanzen auf bis zu 1,4 Billionen Euro.
Die EZB-Bilanzsumme wird sehr wahrscheinlich in näherer Zukunft die 10,0 Billionen Euro Grenze überschreiten und wäre damit auf dem Weg, das Bruttosozialprodukt der Eurozone zu überholen. Die in der EZB-Bilanz enthaltenen Vermögenswerte in Form von Staatsanleihen sind weitgehend nicht werthaltig, da diese niemals von den Staaten zurückgezahlt werden können. In der Konsequenz wird das Vertrauen in den Euro abnehmen, was eben zu einer Wertminderung aus der Sicht der Eurogeldhalter führen wird.
Diese aktuell exponentiell anwachsende Geldmenge lässt die Inflationsgefahr massiv ansteigen. Die Inflation wird auch dadurch angefacht, weil sich die Importe – aufgrund des zu erwartenden Wertverlustes des Euros gegenüber anderen Währungen – verteuern werden.
Wohin das führen kann, lehrt uns die Geschichte.
Der hier von der Bundesbank veröffentliche Artikel ist vom 15.10.2012. Im letzten Absatz wird von der gegenwärtigen Krise (also 2012) gesprochen. Wahrscheinlich ist damit die seinerzeitige Euro-Krise gemeint. Da kann man nur satirisch die Frage stellen: Krise? Welche Krise? Damals lag die Bilanzsumme noch bei „lediglich“ ca. 3,0 Billionen Euro. Heute, nur 9 Jahre später, ist eine Summe von 10,0 Billionen in greifbarer Reichweite, wobei der größte Anstieg ab dem Jahr 2020 stattgefunden hat (siehe oben).
Diese exzessive Geldpolitik führt die Gesellschaft in die Verarmung, vernichtet Sparvermögen, und die von der Politik verordnete private Altersvorsorge. Sie ist in ihren Auswirkungen als unsozial, d. h. gegen die Interessen der Schwächeren, gerichtet. Insbesondere wird die sogenannte Mittelschicht Opfer dieser Politik werden.
Ob der Euro die geldsozialistischen Experimente überlebt ist fraglich. Wenn nicht, ist zu vermuten, dass es zu einer gesellschaftlichen Jahrhundertkrise kommen wird, falls das Geldsystem zusammenbricht.
In das deutsche Gedächtnis haben sich die Währungsreformen der Jahre 1923 und 1948 eingebrannt.
Aktuellere Inflationsbeispiele in diversen Staaten können den folgenden Links entnommen werden.