Abtreibungsgesetz soll verschärft werden
Selbst unter der Voraussetzung, dass die Abtreibung ungeborenen Lebens aus christlicher Sicht Mord ist, bleibt die Frage, unter welchen Umständen ein Kind gezeugt wurde, nach ethischen Gesichtspunkten relevant. Das katholische Polen hatte bisher schon ein strenges Abtreibungsgesetz, jetzt aber soll es dahingehend verschärft werden, dass jeder Schwangerschaftsabbruch unter Strafe gestellt wird. Sowohl der ausführende Arzt als auch die Schwangere müssen bei Missachtung des neuen Gesetzes mit einer Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren rechnen. Die einzige Ausnahme für einen erlaubten Abbruch besteht, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.
Am 23. September genehmigte das polnische Parlament (in erster Lesung) den neuen Gesetzesentwurf, jetzt liegt der Entwurf dem Justiz- und Menschenrechtsausschuss vor.
Frauenproteste am „Schwarzen Montag“
Das bisherige polnische Abtreibungsgesetz erlaubt Schwangerschaftsabbrüche bei Missbildung oder unheilbarer Krankheit des Fötus, bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Frau sowie nach einer Vergewaltigung oder Inzest. Dieses Gesetz hat seit 1993 Gültigkeit und wird von der Mehrheit der polnischen Bevölkerung und selbst von der Mehrheit der Mitglieder der regierenden PiS-Partei akzeptiert.
Weder leuchtet der Sinn der geplanten Gesetzesverschärfung ein noch sind Tausende von Polinnen bereit, diese Einschränkung der Frauenrechte zu akzeptieren. Und so riefen einige Frauenrechtlerinnen wie die Schauspielerin Krystyna Janda und die Journalistin Nina Nowakowska aber auch drei Ex-First Ladies zum Protest auf. Danuta Walesa, Jolanta Kwasniewska und Anna Komorowska warnen in einem offenen Brief davor, am Gesetzeskompromiss zur Abtreibung zu rütteln.
„Wir wollen Ärzte, keine Missionare“ und „Außer einer Gebärmutter haben wir auch Verstand – und entscheiden selber“ war auf den Transparenten vor wenigen Tagen, am „Schwarzen Montag“ zu lesen, zu dem alle Frauen aufgerufen waren, schwarz gekleidet auf den Straßen Polens zu protestieren.
Wohin steuert Polen, das sich in Europa so gerne unbeliebt macht? Hätte es nicht bei seiner bisherigen Regelung bleiben können, die sowohl in Europa als auch vom polnischen Volk akzeptiert war? Warum muss das Recht der Frau mit Füßen getreten werden, die durch eine Vergewaltigung oder durch eine inzestuöse Zeugung ein Kind bekommt, das vielleicht nie geliebt wird?
Noch nicht das Ende
Heute, am 6. 10. 2016, drei Tage nach dem „Schwarzen Montag“, fand die Abstimmung im polnischen Parlament statt. Die Gesetzesverschärfung wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Regierungspartei PiS wird eine neue Gesetzesvorlage einbringen.