Von Experten erzählt
Noch ist der Weg dorthin – sprich Ausbildung- nicht transparent. Dass es aber seit dem Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt eine Welle unbemerkter Beförderungen gegeben haben muss, steht außer Frage. Ein Klick auf die Fernbedienung des Fernsehers, und schon präsentiert uns der gewählte Sender einen seiner großartigen Terrorismusexperten. Das neue zukunftssichere Berufsbild ist geboren. Ein Terrorismusexperte folgt dem nächsten. Jeder erklärt uns dann, warum der Terrorist Terrorist geworden ist, klärt die Frage, woher er wahrscheinlich gekommen ist und entschuldigt die Tatsache, dass er nicht schon längst hinter schwedischen Gardinen sitzt. Wer allerdings kurz vorher aus dem Mund des nordrheinwestfälischen Innenministers Jäger den Satz vernahm: „Der Mann konnte nicht abgeschoben werden, weil er keine gültigen Ausweispapiere hatte, dafür aber mehrere Identitäten“ versteht, dass man Terrorismusexperten braucht, weil es ja in Politik und Behörden keine Experten mehr gibt und bei der Aufklärung dieser schrecklichen Tat in Berlin vieles auf Unfähigkeit und Chaos hindeutet.
Das Märchen „Wer suchet, der findet“
Anis Amri, der Attentäter von Berlin, steht auf der Liste der 549 islamistischen Gefährder, die Polizisten und Verfassungsschützer erstellen. Als Gefährder gelten Personen, die von Ermittlern besonders überwacht werden, weil sie „Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen“ könnten: Amri plante – so die Ermittlungsakten – Anschläge auf Polizisten sowie einen Sprengstoff-Lkw in eine Menschenmenge zu steuern.
Nach vollbrachter Tat ahnte Anis Amri wahrscheinlich schon, dass die Ermittler aller deutschen Behörden wie beispielsweise Polizei und Verfassungsschutz mit seinem Terrorakt vollständig überfordert sein würden und ließ deshalb schon mal für den realen Märchen-Krimi mit dem Titel „Wer suchet, der findet“ seine Papiere unter dem Fahrersitz des beteiligten LKW zurück. Eine prima Geste, wie ich finde, die sicher später vor Gericht als vollständiges Geständnis strafmildernd gewertet wird, sollte er lebend gefasst werden.
Laut Innenminister Jäger hätte Anis Amram schon im Sommer Deutschland verlassen müssen. Er konnte aber nicht abgeschoben werden, weil er keine gültigen Ausweispapiere hatte und Tunesien zunächst bestritt, dass er Bürger des Landes sei. Ersatz-Ausweispapiere seien der Ausländerbehörde – Wunder gibt es immer wieder – „zufälligerweise heute aus Tunis überstellt worden“. Mir fehlen sämtliche Worte angesichts dieser wunderbaren Papiervermehrung! Wieder ein großartiger Lottogewinn der Ermittlungsbehörden, die nun nur noch öffentlich mitteilen müssen, wo Herr Amram endlich seine Original-Papiere abholen kann. Sicher hatte er sie während seiner „Flucht“ verloren. Eine von den Behörden geplante Razzia in NRW wurde wegen Schreibfehlern in den Durchsuchungsbefehlen verschoben, schreibt der Focus. Die Befehle waren ungültig. So wartete die gesamte Presse stundenlang vor Ort, ohne dass sich die Polizei an diesem Tag noch sehen ließ. Dafür war im Hintergrund der Geschehnisse eine „gute Fee“ zu hören, die in den großen deutschen Märchen immer wieder mal auftritt. Dieses Mal mit den Worten: „Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu justieren.“
Hochprofessioneller Murks
Nachdem die Kanzlerin per Kondolenzrede ihre Beruhigungspillen Stunden nach dem Anschlag verteilt hatte, begab sie sich einen Tag später auf Streichelkurs. Sie sei stolz auf die besonnene Reaktion der Bevölkerung und bedankte sich beim Bundeskriminalamt für die „hochprofessionelle“ Arbeit.
Ja, das wäre ich auch gerne – stolz auf mein Land, auf meine Kanzlerin, auf den Verfassungsschutz, auf die Innenminister und unseren Justizminister! Aber Pustekuchen! „Hochprofessionell“ waren zur Zeit der „Flüchtlings-Invasion“ allein die Millionen Ehrenamtlichen, die das Versinken der Republik ins Chaos verhinderten. Und „hochprofessionell“ sind auch jetzt wieder die vielen Menschen, die statt vor berechtigter Wut aus der Haut zu fahren aus Pietät vor den Betroffenen ihre Fassung bewahren.
Das makabre Ende dieser traurigen Betrachtung einer großen Tragödie, die sich erst am Anfang befindet, lautet ganz märchenhaft …
… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute (bis auf den Attentäter, der auch in dieser Märcheninszenierung erschossen wird).