Merkel wieder einmal auf Hü und Hot-Kurs
Kurz vor der Wahl gelang es Merkel, das Thema „Ehe für alle“ so wie derzeit die Atomkraft aus dem Gepäck der Grünen in ihren CDU-Koffer zu überführen. Sie ist und bleibt Weltmeisterin der Heuchelei, des Taktierens, des Abgreifens und der Unglaubwürdigkeit. Gestern noch nein, heute ein Vielleicht und morgen das Ja, wenn es dem Machterhalt dient und ein paar Wählerstimmen bringt.
Keiner der Männer an ihrer Seite kann ihr das Wasser reichen und niemand von ihnen wird sich mehr trauen, ihr Paroli zu bieten. Hintergrund dieser Tatsache ist natürlich die eigene Karriere, die Merkel mit einem Fingerschnipp beenden kann, was sie ja schon mehrfach bewiesen hat. Wahlkampfzeiten obliegen einer besonderen Schonpflicht gegenüber Partei und Kanzlerin. Ob Tauber, Altmeier, Kauder, de Maisiere oder Seehofer – die Wahl erfordert Einigkeit, auch wenn in den Köpfen der Herren anderes vorgeht.
Fast peinlich der Auftritt Merkel/Seehofer beim Präsentieren des Regierungsprogramms. Zufriedenheit und ein Lächeln sollten Einigkeit vermitteln, so als hätte es nie einen Disput zwischen den Schwesterparteien gegeben.
„Bei Merkel nichts Neues“ heißt ihr Regierungsprogramm für die nächsten Jahre. Ein paar Versprechungen in alle Richtungen, die laut ihrer eigenen Wahrheit sowieso nicht eingehalten werden. Für die CSU gibt es ein Sonderprogramm mit dem Namen „Bayernplan 2017“. Das ist doch wunderbar! Ein einig Märchenbuch auf 76 Seiten mit einem Zusatz der Uneinigkeit für das Extrawurstland Bayern.
Ohne auf die einzelnen thematischen Märchenthemen einzugehen, kommentiere ich hier nur drei der vielen Einführungssätze des gerade veröffentlichten Regierungsprogramms von CDU/CSU:
– Deutschland ist ein liebens- und lebenswertes Land, in dem man gut wohnen, arbeiten und leben kann: („wohnen“ siehe Mietwucher, „arbeiten“ siehe Leiharbeit und Minijobs, „leben“ siehe Alleinerziehende und Obdachlose)
– Der großen Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger ging es noch nie so gut wie heute. (also kein Wahlprogramm für Minderheiten!)
– Löhne und Renten sind deutlich gestiegen und steigen weiter. Die sozialen Sicherungssysteme sind solide finanziert, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. (Seit 1980 sind die inflationsbereinigten Nettolöhne und Renten in Deutschland um etwa 15 % gesunken. Und das, obwohl die Produktivität sich nahezu verdoppelte.)
– Wir haben in Deutschland ein hohes Maß an innerer und äußerer Sicherheit. Deshalb können wir frei und selbstbestimmt leben. (Seit Merkels „Wir schaffen das“ kann ich eine Sammlung von Straf- und Terrortaten vorlegen, die das Gegenteil belegen).
Wieviel Ahnung die CDU-Führung von ihrem arbeitenden Volk hat, beweist Peter Tauber in seinem Tweed auf die ironische Frage eines Twitter-Nutzers, ob das CDU-Wahlversprechen von der Vollbeschäftigung für ihn persönlich denn künftig drei Minijobs bedeute.
Taubers arrogante Antwort darauf:
“Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“ (Ganz nebenbei bemerkt wird „was Ordentliches“ groß geschrieben)
Die Entrüstung nicht nur der Minijobber ist mehr als berechtigt. Der Anteil der Mini-Jobs stieg von 17,5 % im Juni 2003 auf 33,6 % im Juni 2016. Der Spiegel berichtet von einer Untersuchung des DGB 2015:
Im Dezember 2014 waren über 5 Mio. Menschen lediglich in Minijobs beschäftigt. 51 Prozent dieser Gruppe verfügten über einen beruflichen oder zum Teil sogar akademischen Abschluss, 13 Prozent hatten keine abgeschlossene Ausbildung. Von weiteren 36 Prozent war das Qualifikationsniveau unbekannt. Obwohl es sich bei Minijobbenden um eine Gruppe mit beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten handelte, spielten sie im Zusammenhang mit der Fachkräftediskussion kaum eine Rolle.
So viel zu Taubers Ausrutscher, der als Verbaltollpatsch in Merkels Geschichte eingehen wird. „Wer nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch“, hatte er vor einigen Monaten zum Besten gegeben und ich stelle hier den Antrag, diesen Mann in das Logbuch der Bekloppten und Bescheuerten aufzunehmen, welches uns das ZDF ab und an präsentiert.
Ich entziehe der CDU/CSU mein Vertrauen und meine Stimme. Und da Rot-Rot-Grün absolut keine Alternative ist, hoffe ich, dass es der Grundeinkommen-Partei gelingen wird, am 24. September auf dem Wahlschein zu stehen.