Die Freiheit frisst ihre Kinder
Beginnen wir diesen Beitrag einmal mit klugen Worten und dem Ratespiel, wer diese wohl formuliert hat. „Eine Gesellschaft, die die wertvollsten Eigenschaften des Menschen – Liebesfähigkeit, Sehnsucht nach sozialen Bindungen, nach Würde und Schönheit – verkümmern lässt und seine schlechtesten – Habsucht, Egoismus, soziale Ignoranz – gnadenlos kultiviert, ist dem Menschen nicht würdig.“(1)
Worte, die nicht nur in der Adventszeit und zu Weihnachten eine Bedeutung haben sollten, sondern immer. Was aber beschert uns die aktuelle Politik, die für die innere und äußere Sicherheit der Gesellschaft Verantwortung trägt?
Sie beschert uns einen zweiten Advent mit nicht nur einer schockierenden Nachricht. In Augsburg wurde ein 49-jähriger Mann auf dem Weg vom Weihnachtsmarkt nach Hause von einem 17-jährigen Jungen mit einem Schlag auf den Kopf getötet. Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt wurde diesem Besucher zum Verhängnis. Da es Zeugen gab, hätte man erwarten können, dass die Berichterstattung über diesen Totschlag überall gleich und eindeutig gewesen wäre. Aber wie gewohnt erfuhr man alles stückweise. Die Stadt bezeichnet in einer Anzeige diesen Mord als Vorfall – kein Wunder: Da nicht von Rechts motiviert, wird auch kein Aufhebens gemacht. Betrachtet man die vielen anderen Messer- und Gewaltaktionen um den zweiten Advent, die mit der Zahl 40 auf Epoch Times gelistet wurden, wird man auch dort keine rechtsextrem motivierten Taten finden. Und auch der grausamste aller Fälle, der den Tod eines Mitarbeiters der Stadt Köln zur Folge hatte, trug keinen rechtsextremen Stempel. Hier handelt es sich um einen nicht schuldfähigen Täter, der schon einmal versuchte, einen Menschen zu verletzten – also stadt- und polizeibekannt, aber zuvor immer noch auf freiem Fuß.
Das Alter der unterschiedlichen Täter der in Epoch Times aufgelisteten Taten wurde mit 28, 32, zwischen 20 und 30, zwei Täter 15 und 16, 26, 36, 27, vier Täter zwischen 22 und 26, 21, zwei maskierte Jugendliche, 27, 30, 25, 31, 26, zwei Täter etwa 20, Massenschlägerei unter 20 Jugendlichen, 15, 23 Jahre angegeben. Damit liegt das Alter der Täter zu 90% zwischen 15 und 30 Jahren. Alle Täter sind männlich. In sieben Fällen erfuhr man etwas über die Nationalität. Da hieß es Syrer, Nordafrikaner, südländische Erscheinung, Deutscher, Iraker, aus Hamburg oder aus München, sprach mit Akzent. Bei 75% aller Meldungen fehlen genauere Angaben zur Herkunft des Täters.
Ich könnte mich nun damit begnügen, dem Liedtitel zu folgen „Die Gedanken sind frei“ und mich dem großen Schweigen über mögliche Ursachen anzuschließen. Als Pädagogin und Demokratin mit Meinungsfreiheit leiste ich mir hier aber den Hinweis: Eine Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) besagt: Neun Prozent aller erwachsenen Flüchtlinge in Deutschland haben nie eine Schule besucht, 24 Prozent haben die Schule ohne Abschluss verlassen. Der „Chancenspiegel 2017“ der Bertelsmann-Stiftung hatte die hohe Schulabbrecherquote in Deutschland hervorgehoben, und zwar besonders bei Jugendlichen mit ausländischem Pass oder Migrationshintergrund.
Wie sich ein Kulturschock bei Erwachsenen darstellt, habe ich erlebt. Wie er sich auf Kinder und Jugendliche auswirkt, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Eine der größten Gefahren ist das Sprach- und Schulversagen mit dem Abdriften ins Drogenmilieu und ins Kriminelle. Integration hat immer mit Anstrengung zu tun – schnelles Geld zur Wunscherfüllung ist oft der leichtere Weg.
In Anbetracht einer solchen testosterongesteuerten Täterschaft, in Anbetracht der politisch geförderten Verdrängungsmechanismen für die Gesellschaft mit den gut funktionierenden Ablenkungsmechanismen über Klimanotstand, Rechtsradikalismus, E-Autos, Transaktionssteuer u.v.m. darf sich über die auch weiterhin lückenhafte Berichterstattung der Medien nicht gewundert werden. „…konnten noch keine näheren Angaben gemacht werden … die Polizei ermittelt … soll sich gewehrt haben … der Täter ist auf der Flucht … die Polizei sucht nach Zeugen … der Täter soll 1,70 m groß sein von schlanker Statur … polizeilich bekannter Mann … sprach deutsch mit Akzent … ein polizeibekannter Deutscher … “
Als Deutschlehrerin, Buchautorin und Krimi-Liebhaberin staune ich seit Jahren über das, was man inzwischen in den Medien unter journalistischer Arbeit versteht.
Aber ich möchte hier nicht nur einseitig Journalistenschelte betreiben. Welche Ehrlichkeiten leisten sich Polizisten, Lehrer, Sozialarbeiter, Ärzte und andere Berufsgruppen in einem Land, in dem Kritik, Meinung, Sicherheit und Gradlinigkeit dem „Merkelschen Wir-schaffen-das“ zum Opfer gefallen sind? Sätze wie Seehofers „Deutschland war noch nie so sicher“ sind Realsatire und vollständiger Blödsinn. Tägliche Gewaltereignisse, oft mit Tötungsabsichten, liegen als Meldungen in tausend kleinen Kommunalzeitungen vor, fallen aber für die große Öffentlichkeit unter den Tisch. Messerattacken, Raubüberfälle, Tötungsdelikte aller Art, Drogenhandel und Geldwäsche im großen Stil sind die Erfolge fehlgesteuerter Politik, die Freiheit will, aber Chaos erzeugt.
Fälle wie gerade der des Präsidenten des Feuerwehrverbandes Hartmut Ziebs aus Schwelm sind Beispiele für die riesigen Spaltungstendenzen in unserem Land. Mitwirkende Spalter wie er sind fehl am Platz. Die Paranoia, die dieses Land befallen hat, kann ja wohl kaum vom Verursacher therapiert werden. Ziebs hatte vor einigen Wochen in einem Zeitungsinterview vor rechtsnationalen Tendenzen innerhalb der Feuerwehr gewarnt. Er erklärte allerdings auf Nachfrage, keine konkreten Anzeichen dafür zu sehen, sondern Sorgen davor zu haben.
Ungelegte Eier sind keine Themen, mit denen Chefs an die Öffentlichkeit zu treten haben. Im Beamtenrecht sind die Begriffe Fürsorgepflicht und Treuepflicht festgeschrieben und so veraltet sich das auch anhören mag … der Dienstherr, Chef, Präsident oder wie er auch immer genannt wird, sollte zu seinen Mitarbeitern ein Vertrauensverhältnis haben, das keineswegs öffentlich in Frage gestellt werden darf. Bei Gefährdungen und Zerwürfnissen ausgehend von einem der Mitarbeiter sollte der Versuch einer internen Klärung Vorrang haben. Ein Chef, der der gesellschaftlichen Paranoia ohne konkrete Gründe anheimfällt, sollte das Feld zu seiner eigenen Gesundung räumen.
„Es wäre naiv, an die moralische Perfektionierung des Menschen zu glauben. Eher müsste man andersherum fragen: Wie kommt es, dass keine Infamie lange warten muss, bis sich jemand findet, der sie begeht?(2)
1) Sarah Wagenknecht in „Freiheit statt Kapitalismus“
2) Peter Sloterdijk im Spiegel-Interview vom 30. 6. 2017