Mein Protest gegen die aktuelle Besuchsregelung
Sehr geehrte Damen und Herren der Krankenhausverwaltung, des ärztlichen Direktoriums und der Pflegedienstleitung KKEL, hier speziell des Barbara Hospitals Gladbeck,
ich protestiere vehement gegen die Besuchsregelung, die Sie mir und allen Angehörigen Ihrer Patienten auferlegen.
Meine Mutter, sicher mit fast 92 Jahren eine der ältesten BewohnerInnen Gladbecks, kam per Notfall am Donnerstagabend in das Gladbecker Krankenhaus und es wurde eine Schenkelhalsfraktur diagnostiziert. Mir wurde nicht nur die Begleitung meiner Mutter ins Krankenhaus verweigert, sondern mir wurde auch gleich am nächsten Morgen telefonisch mitgeteilt, dass mein gewünschter Besuch bei ihr auf 15.45 Uhr festgelegt sei und ich das „Recht“ bekäme, meine Mutter 2x in der Woche zu besuchen. Erst am Nachmittag erfuhr ich, dass die Besuchszeit auf eine Stunde begrenzt ist. Meine Frage, warum nur eine Stunde, wurde nur widerwillig entgegengenommen und mit „Corona-Vorschriften“ beantwortet.
Vorab: Mit allen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen (Mund-Nasen-Schutz, Desinfizierung der Hände, Registrierung, Fiebermessen) stimme ich selbstverständlich überein – hätte einiges davon auch bei jeder Grippewelle oder als Dauer-Schutzmaßnahme vor multiresistenten Keimen für sinnvoll erachtet.
Mein Protest richtet sich allein gegen Ihre Bestimmung, nur 2x wöchentlich einen einstündigen Besuch zuzulassen. Wie begründen Sie diese Maßnahme, die mit Menschenwürde, Begleitung, Nähe, Trost und all den sonst von Ihrer Institution verwendeten Formulierungen nichts zu tun haben? Corona kann nicht die Begründung für Ihre Zeit einschränkenden Maßnahmen sein. Welche ist es dann?
Bei Feiern (Hochzeiten, Taufen, Geburtstage) sind inzwischen 150 Personen zugelassen, beim Kontaktsport in Hallen wurde die erlaubte Teilnehmerzahl von 10 auf 30 erhöht – im Krankenhaus hingegen soll am besten gar kein Kontakt stattfinden (von 154 Stunden wöchentlich gerade mal 2). Wer derartige Regelungen trifft, hat vermutlich noch keinen alten, kranken, eigenwilligen, angstbeladenen, verwirrten Menschen gepflegt oder begleitet.
Erklären Sie diesen Menschen einmal, was Coronamaßnahmen sind und warum ihnen weder Enkel noch Nachbarn noch Verwandte einen Krankenbesuch abstatten dürfen. Um das oder auch um medizinische Maßnahmen mehrfach erklären zu können, ist die Kommunikation mit einem vertrauten Menschen notwendig. Sie dient ebenfalls der Entlastung von Pflegenden und Ärzten.
Dazu noch der Hinweis, ob eine Nachtschwester den Kommunikationsstau der tagelang Nicht-Besuchten zusammen mit den medizinischen Erfordernissen erledigen kann.
Es muss doch jedem einsichtig sein, der in Verantwortung für Menschen tätig ist und dazu noch das christliche Menschenbild bemüht, dass eine Kontakteinschränkung zwischen Krankenhauspatient und seinen engsten Vertrauten niemals stattfinden darf. Wenn wir das erlauben, können wir Grundrechte, Menschenwürde, Umgangsformen und Moral vergessen und Zuwendung und Schutz von Alten und Kranken in die Tonne treten.
Sie selbst bemühen in der Vorstellung Ihres Leitbildes den Angehörigen bei der Genesung Ihrer Patienten („Der Besuch von Familie, Verwandten und Freunden hat für die Patienten während des Aufenthalts im Krankenhaus eine große Bedeutung. Die Begleitung und die Unterstützung durch Besucher können sich positiv auf den Heilungsprozess auswirken und helfen, besser mit der ungewohnten Situation umzugehen.“)
Nicht Grippe, nicht Corona, nicht Erdbeben, nicht Krieg begründen eine so rigorose zeitliche Einschränkung von Besuchen engster Beziehungspersonen unter Einhaltung aller erforderlichen Schutzmaßnahmen.
Nur ein täglicher Besuch von mindestens einer Stunde bietet die nötige Begleitung, denn allein der Satz „ Ich komme morgen wieder“ lässt genesen, ruhig schlafen, Trost spenden und hoffnungsvoll auf morgen blicken.
„Seit dem 20. 5. kann man Angehörige und Freunde endlich wieder im Krankenhaus besuchen – natürlich nach klaren Regeln. Erlaubt ist maximal ein Besuch pro Tag und Patient von maximal zwei Personen.“ So berichtet der WDR bereits vor zwei Monaten.
Bis nach Gladbeck scheint diese Meldung nicht gelangt zu sein.
Ich ersuche Sie, für all Ihre Patienten in diesem Sinne tätig zu werden und von Menschenwürde nicht nur zu reden, sondern ihr auch für Patienten, Angehörige, Pflegende und Ärzte Geltung zu verschaffen.
Ich werde morgen wieder bei meiner Mutter sein.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Erdmann
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