… bei seinen türkischen Freunden
Der Zensurmeister Heiko Maas, eigentlich Außenminister seines Zeichens, spielte nicht nur „beleidigte Leberwurst“ nach der von Kramp-Karrenbauer sicher spontan vorgeschlagenen Idee, eine internationale Sicherheitszone mit deutscher Beteiligung in Nordsyrien zur Friedenssicherung einzurichten. Er missbilligte ihre Idee öffentlich bei seinem Besuch in der Türkei vor der türkischen Regierung.
Es ist doch immer wieder erfrischend für die Herren und Damen der Fußtritt-Oberliga, einen Prügelknaben – in der momentanen Legislatur der GroKo eine Prügelknäbin – zu haben, auf der man alles abladen kann, um die Erhöhung der eigenen Person zu erreichen.
Aber nach jahrelanger Schweigetherapie, die Merkel als Regierungsmethode eingeführt hat und für die sie mit dem Siegerpokal voranschreitet, sind alle – Politiker, Medienvertreter und Volk – der Meinungsbildung entwöhnt. Wie kann es da angehen, dass eine AKK daherkommt und das Schweigen der Lämmer mit einem leider zu späten, dennoch aber beachtlichen Vorschlag unterbricht?
Die Ministerin schlägt die Schaffung einer „international kontrollierten Sicherheitszone“ in Nordsyrien vor. Dabei will sie auch Russland und die Türkei miteinbeziehen. Mit einer solchen Sicherheitszone verfolgt sie zwei Ziele: Zum einen soll die Kampagne gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) wieder aufgenommen werden. Zum anderen soll die Region so stabilisiert werden, dass ein ziviler Aufbau und eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen möglich ist.
Heiko Maas fühlte sich übergangen und äußerte seinen Unmut ausgerechnet bei seinem Besuch in der Türkei. Für eine theoretische Debatte hätten die Menschen in Syrien keine Zeit. Bei der Gelegenheit dürfte er, Außenminister der BRD und leidenschaftlicher Europäer, wie er sich selber gerne bezeichnet, gerne einmal seine Vorschläge, Ideen und Friedenspläne für die geplagte syrische Region hinter der türkischen Grenze offenbaren. Bis auf die Ablehnung eines von der Mehrheit der EU-Außenminister geforderten totalen Waffenembargos gegenüber der Türkei vernahm die Welt noch nichts von ihm.
Die SPD und so einige CDU-Ministerpräsidenten, beispielsweise Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) und Armin Laschet (NRW) brachten erst nach dem desaströsen Wahlergebnis der CDU in Thüringen Annegret Kramp-Karrenbauer in Stellung und wiesen ihr eine Mitschuld an den massiven Stimmverlusten der CDU zu. Sicher, wer sonst in der großen, stolzen Volkspartei CDU sollte schon Schuld tragen an dem Desaster in Thüringen? Es kann nur Kramp-Karrenbauer sein, die schließlich den seit Jahren verzapften politischen Unfug dieser Partei zu verantworten hat! Keine Laschets, Taubers, von der Leyens, Gröhes, Altmaiers und Karliczeks – und erst recht keine Angela Merkel! Letztere spielte mal wieder während der gesamten Vorgänge um AKK, Maasens verbale Ausrutscher in der Türkei und um die Landtagswahl in Thüringen „den Verschwindibus“ und stampfte nicht einmal auf, als der CDU- Spitzenkandidat Mohring nach dem Absturz der CDU öffentlich darüber nachdachte, mit der Siegerpartei der Linken und deren Ministerpräsident Ramelow in Gespräche eintreten zu wollen. Nun – wäre das denn für Ehemalige des DDR-Systems und nach links gerutschte CDU-Politiker so schlimm, mit dem gemäßigten und sehr erfolgreichen Ministerpräsidenten Ramelow eine Versuchsehe einzugehen? Noch schockierender als Mohrings Anbiederung an Ramelow war allerdings seine Aussage an die Berliner Adresse. Seine Ansage: „Ich brauche nicht Berlin, um zu wissen, was für Thüringen wichtig ist.“ Dazu brauchte es schon einen öffentlichen Kuss der Kanzlerin, um wieder versöhnt und artig zu sein, der am Dienstag von der heute-Sendung um 19.00 Uhr über den Äther huschte.
Als weniger leicht zufriedenzustellen erwies sich da Friedrich Merz, der sich nach dem CDU-Wahlergebnis mit einem unfassbaren Statement zu Wort meldete. Die „Untätigkeit und die mangelnde Führung“ Merkels habe sich seit Jahren wie ein Nebelteppich über das Land gelegt. „Das kann so nicht weitergehen. Und ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert“, sagte Merz. Das Erscheinungsbild der Bundesregierung sei „grottenschlecht“. Merz kritisierte die CDU-Chefin AKK nicht. Ihr habe er zu jeder Zeit seine Unterstützung zugesagt.
Und nun raten Sie einmal, welche Reaktionen Seehofer und Spahn auf Friedrich Merz zum Besten gaben? „Ich teile die Kritik von Friedrich Merz nicht“, sagte Seehofer und Spahn schloss sich diesen Worten an. Diese Machtspielchen dienen der politischen Positionierung inmitten des Niedergangs der CDU. Wer wird das Rennen bei der Nachfolge Merkels machen? Ihre Disziplinierten und Infizierten wie Laschet und Spahn, Kramp-Karrenbauer mit Frauenbonus oder der eckige und kantige Friedrich Merz, der das Unerlaubte ausspricht?
Ein kurzer Blick in die SPD könnte bei der Antwort helfen. Nach einem wochenlangen Casting der SPD-Größen, die sich alle zutrauen, diese Partei aus dem Jammertal zu führen, ist Olaf Scholz der chancenreichste Kandidat von allen. Er ist derjenige, der
– zur alten Garde gehört,
– vorab bekundete, nicht mit antreten zu wollen, weil er mit der Funktion als Finanzminister genug belastet sei,
– dieses Wort brach und dann doch antrat,
– für den Verbleib in der GroKo ist,
– sich aus machtpolitischem Kalkül für den Vorsitz bewarb, weil er mit der Kanzlerschaft liebäugelt,
– als Bewahrer des Elends antritt statt als brennender Erneuerer.
Welcher CDU-Kandidat passt in dieses Schema mit den größten Aussichten auf eine Kanzlerschaft? Es ist Armin Laschet, der unter seiner angebeteten Chefin Angela Merkel gelernt hat, vom Demokratiemodus in den Disziplinmodus zu schalten, womit wir wieder bei Seehofer wären, der es sehr treffend formulierte. „Nach langer politischer Erfahrung weiß ich, dass in schwierigen Lagen Disziplin die beste Eigenschaft ist.“