Ein Klimaschützer ändert seine Meinung
Gastbeitrag von Kurt Rohmert
Der Klimaaktivist Michael Shellenberger ist ein vielbeachteter Autor von Büchern über den Umweltschutz. Sein unermüdliches 30jähriges Engagement brachte ihm 2008 den Titel „Hero of the environment“ auf der Liste der Umwelthelden des Time-Magazins. Nach jahrzehntelangem Einsatz veröffentlicht Shellenberger jetzt sein neues Buch „Apocalypse never“, gleichzeitig seine Entschuldigung für überzogene Panikmache. Klingt eigentlich merkwürdig. Seine Offenheit ist ein Bekenntnis für seine Rückbesinnung auf Vernunft und Fakten.
Aktivist aus Berufung
Nun ja, macht nix, jeder kann mal irren, denkt man. Wenn jemand nach Jahrzehnten als radikaler Aktivist sich nun dafür entschuldigt, erscheint das aber schon seltsam. Er selbst sprach jahrelang von „existenzieller Bedrohung der Zivilisation“, jetzt dagegen von Panikmache, ja sogar von Aktivisten, die uns alle in die Irre führen. Was ist die Ursache für diesen Sinneswandel?
Sein Aktivismus begann schon in frühen Jahren. Er arbeitete während seiner College Zeit an Kampagnen und gründete zusammen mit Ted Nordhaus 2003 das Breakthrough Institut. Als Vertreter der „harten“ Klimaaktivisten sprach er vor der UNO und war Experte im Gutachter Team des IPCC. Sein Engagement brachte ihm nicht nur den Green Book Award 2008, sondern vor allem seine Bücher und Expertisen waren gefragt. Bis 2020, bis er mit der Öko-Panikmache abrechnet. Mit Sicherheit waren es nicht allein die Thesen von Greta Thunberg oder der US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Letztere sagte bekanntlich „In zwölf Jahren wird die Erde aufhören zu existieren“ und die Menschheit ausgelöscht.
Es ist aber Tatsache, dass die Strategie, „ich will, dass ihr in Panik geratet und Angst verspürt“ scheinbar aufgeht. So schwimmt nicht nur FfF auf einer Welle der Hysterie und Angst, auch Extension Rebellion zielen auf eine Einschüchterung der Menschen, auf einen ausufernden Katastrophismus (Sie sagen: Der Klimawandel tötet Kinder). Panik regiert das Land und treibt die Politik vor sich her. Statt dessen wäre es sinnvoller, sich mit den Inhalten von Shellenbergers Buch auseinanderzusetzen.
Die Entschuldigung
Sein Statement beginnt mit „Im Namen von Umweltschützern überall auf der Welt möchte ich mich offiziell für die Klima-Panikmache entschuldigen, die wir in den vergangenen 30 Jahren erzeugt haben.“ Der Autor von Büchern zum Umweltschutz lässt aber keinen Zweifel daran, dass es nicht ums Leugnen geht. „Der Klimawandel findet statt. Aber er ist eben nicht das Ende der Welt. Er ist noch nicht einmal unser schlimmstes Umweltproblem.“ Shellenbergers Buch ist brisant, es bringt Fakten, die auch durch die Berichte des IPCC gestützt werden. Seine bemerkenswerten Worte unterstützt er mit fundierter Kritik an Erneuerbarer Energie, weist auf den Rückgang der CO2-Emmissionen hin, stimmt nicht ein in die Kampagne von zunehmenden Extremwetterereignissen und äußert verheerende Kritik an der deutschen Energiepolitik.
Seine Entschuldigung begründet er, ganz einfach, mit der Angst sich zu äußern. Man kann davon ausgehen, dass er in nicht allzu weiter Zukunft Freunde und finanzielle Fördergelder verlieren wird..
Was an seiner Erkenntnis überrascht ist seine Zuversicht, dass die Trendwende begonnen hat. Als Folge von Einladungen des IPCC und des amerikanischen Kongresses spricht er von einer wachsenden Offenheit für ein neues Denken, von einem Ende der Politisierung der Wissenschaft. Hier aber kann ich seine Euphorie noch nicht teilen. Mir erscheint Deutschland immer noch wie ein anderer Planet. P wie Panik und P wie Potsdam.
Panik? Dumm tüch
Dazu sollte man wissen: Der stellvertretende Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen heißt Hans Joachim Schellnhuber und ist Gründer des Potsdam Instituts. Er ist DER Klimaberater der Bundesregierung. Die vorherrschende Haltung zur Klimafrage ist aber seit jeher kein Ergebnis von Forschung sondern mehr von der Weltanschauung, also ideologisch bestimmt. Einer der die Debatte geprägt hat und sich fortwährend dramatisierend meldet ist dessen Mitarbeiter Stefan Rahmstorf.
Er bildet die Front gegen alle, die sich kritisch äußern. Er hat den Begriff Katastrophe geprägt und als Berater von Greta Thunberg den Begriff Panik in die Debatte eingeführt. Die Wahrheitsfindung hat es dagegen schwer, es sind immer dieselben Professoren, die in den Massenmedien vorkommen und mit ihren Thesen die Journalisten füttern. Dabei sollte es doch das vorrangige Ziel der Massenmedien sein, den derzeitigen Stand der Wissenschaft zu erklären, damit die Gesellschaft vernünftig informiert ist.
Panik ist keine gute geistige Verfassung um Probleme zu lösen. Für die erfolgreiche Bewältigung von existierenden Problemen sogar der dümmste Ratgeber. Das Attackieren von Kollegen, wie dem Klimaforscher Hans von Storch, ist auch nicht gerade ein Zeichen von Qualifikation. Dieser ist eine Besonderheit in der deutschen Klimaszene. Er gilt als einer der führenden Klimaexperten, forscht an der Uni Hamburg (Meteorologie) und erhielt für seine Mitarbeit an den Klimamodellen das Bundesverdienstkreuz. Er hat eine klare Meinung. „Dumm tüch“ ist das, die Panikmache. Schon deshalb, weil er sicher ist, dass hier ungebildete Menschen nur das nachplappern, was bestimmte Wissenschaftler ihnen vorbeten. Von Storchs Ziel ist die sachliche Debatte, er hält nichts von Untergangsszenarien. Zusammengefasst: Wissenschaftler sollen Wissen schaffen, keine endgültigen Wahrheiten.
Wissenschaft und Cancel Culture
In einem (heftig von Rahmstorf kritisierten) Artikel in der Zeit Online von Thea Dorn konstatierte diese der modernen Wissenschaft in der Klimadebatte steigende Wissensanmaßung, irreführende Taschenspielertricks und warnte davor, jeden „der Zweifel an der Zuverlässigkeit von Klimamodellen äussert, gleich als Klimaleugner zu diffamieren.“ Ihrer Meinung nach verdankt unsere Wissenschaft ihren Erfolg zweifellos einer Offenheit für Zweifel, Kritik und Selbstkorrektur. So wie bei Shellenberger.
Dieser hat nun als Folge neuer Fakten seine Meinung korrigiert. Ich hoffe, dass er in dieser Debattenkultur besteht (wie aktuell der angriffslustige Satiriker Dieter Nuhr) und allen beweist, dass Wissenschaft immer nach der Wahrheit sucht und daher weder Religion noch Ideologie ist. Haltungsjournalismus und Cancel Culture sind das Ende der Wissenschaft. Wissenschaft sollte die Gesellschaft zu einer informierten Meinungsbildung und einem vernunftgeleiteten Fortschritt verhelfen, sie darf nicht politisch korrekt werden (Ulrich Reitz im focus und Anna-Lena Scholz in der Zeit).
Hier die komplette Übersetzung der Entschuldigung und die Fakten.
Verwandter Beitrag des Autors: Die Selbstzerstörung der Wissenschaft vom 11.01.2020