Bundestagsdebatte über Bundeswehreinsatz in Mali

Debattenkultur wiederauferstanden

Endlich gibt es im Bundestag wieder etwas zu hören, zu sehen und zu staunen. Neue Gesichter im Präsidium und bei den Abgeordneten des deutschen Bundestags sowie die 92 „Frischlinge“ der AfD sorgen für einen gestiegenen Interessantheitsgrad. Schäuble, Oppermann, Friedrich  und Kubicki sind die neuen Gesichter, Roth und Pau die bekannten. 

Endlich haben Bundestagsdebatten wieder den Charakter einer Debatte. Das Abnicken der Supergroßpartei CDUCSUSPDGrüne trifft endlich auf eine Opposition, die diese Bezeichnung auch verdient. Und wenn die AfD nur diesen Zweck erfüllt, hätte sie schon Großes vollbracht. Ein bisschen Linke, ein bisschen FDP tun das Übrige und ergänzen vorsichtig und mit einem Riesenabstand zur verhassten AfD den oppositionellen Charakter der entsprechenden Debatte. 

Endlich wird die Debattenkultur wieder aus der Mottenkiste geholt. Unter dem Vorsitz von Oppermann verlief beispielsweise die Debatte über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Mali. Mehrfach wurde erwähnt und bestätigt, dass es sich dabei um einen der gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr handelt. 496 Abgeordnete stimmten für die Verlängerung, 156 Stimmen gab es dagegen, vier Abgeordnete enthielten sich. Neben der Großen Koalition stimmten FDP und Grüne dafür, Linke und AfD dagegen. 

Endlich hat der Bundestag ein echtes Feindbild. Jeder Redner, der zum Thema sprach, belehrte und kritisierte erst einmal die AfD. Die argumentierte wie folgt: Mali sei ebenso sinnlos wie der 17 Jahre dauernde Einsatz in Afghanistan. Mehr als 80 MINUSMA-Soldaten wurden bisher getötet. Es fehle der AfD an sinnvollen Zielangaben für eine Verlängerung dieses gefährlichen Einsatzes. 

Zum Sachverhalt:

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatte im Januar 2013 militärisch in Mali eingegriffen, um das Vorrücken von Islamisten und Tuareg-Rebellen vom Norden in den Süden des Landes zu stoppen und die geschwächten Regierungstruppen zu unterstützen. Zu dieser Stabilisierungsmission MINUSMA gehören derzeit rund 11.700 Soldaten, 1.740 Polizisten und 1.180 Zivilisten, darunter 155 Uno-Freiwillige. Es kamen bereits mehr als 100 Soldaten in dem Einsatz um, Hunderte wurden schwer verwundet. Die Bundeswehr beteiligt sich mit bis zu 1.000 Soldaten sowie mit Kampf- und Transporthubschraubern an der Truppe, die das Land stabilisieren soll. 

Es gelte laut Merkel-Regierung, Fluchtursachen zu bekämpfen, das Land und seine Kultur zu stabilisieren und für Sicherheit zu sorgen. Die SPD-Außenpolitikerin Bärbel Kofler wies auf den schlechten Zustand der malischen Sicherheitskräfte, das Fehlen von Schulen und auf Menschenrechtsverletzungen in der Debatte hin. Angesichts dieser Missstände müsse mehr Druck auf die Regierung in Bamako gemacht werden.

Dieter Petermann, der diese Debatte als Leser in den Medien kommentiert (1. August 2017), spricht die Wahrheiten aus, die natürlich niemand hören will, der für die Verlängerung dieses gefährlichen Einsatzes der Soldaten stimmt: „Die strukturelle Ursachen von Flucht und Vertreibung sind in Mali ziemlich genau die, wie in vielen Ländern Afrikas: Unfähiges, korruptes Regime, Stammeskonflikte, religiöser Fanatismus, vordemokratische Machogesellschaften und die daraus resultierende viel zu schnell wachsende Bevölkerung und viel zu wenig Bildung. … Richtig wäre: Flucht-Anreize zu bekämpfen! Gerade die BRD mit ihrer garantierten lebenslangen Rund-um-Versorgung – incl. med. Betreuung ohne Eigenleistung plus Familiennachzügler, plus Phantom-Kindergelder, etc. sorgen letztendlich dafür, dass viele Auswanderer sich auf den Weg machen.“

Was mit 150 Soldaten begann, wurde 2016 auf 650 ausgeweitet und erhielt nun eine mehrheitliche Zustimmung (mit „Nein“ stimmten Linke und AfD) für bis zu 1.100 Soldaten. Dieses Mandat gilt bis zum 31. Mai 2019.

Niemand darf annehmen, dass derartige Einsätze aus purer Menschenliebe geschehen. Goldminen und Bodenschätze wie Uran und Bauxit sind für Industrienationen von hohem Wert. 

Da der Mali-Einsatz ein UN-Einsatz ist, halte ich die jährliche Debatte und Abstimmung für eine Farce. Als wenn Deutschland per Abstimmung aus einer UN-Aktion aussteigen könnte! Und das auch noch unter Führung einer Raute! 

Für wie wichtig die Debatte gehalten wird und mit welcher Ernsthaftigkeit sie von Abgeordneten begleitet wird, bewiesen die Fernsehbilder, die ich auf Phoenix geboten bekam. Özdemir scheint auf der Suche nach Mitspielern, denn er mischt während der Debatte Karten, andere Parlamentarier unterhalten sich oder telefonieren, wieder andere sind mit ihrer Elektronik beschäftigt und Norbert Röttgen sitzt lachend im Zentrum einer ihn umgebenden Gruppe von etwa 10 Leuten, die scheinbar eine kleine private Party feiern. Derweil ist Michaela Noll vom Auswärtigen Ausschuss mit einer Rundumschlag-Rede in Richtung AfD beschäftigt. 

Wenn das die Repräsentanten unseres Volkes sind, dann geht es mir wie Heinrich  Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht.“ Heines Tränen galten der Sehnsucht nach seiner Mutter, meine der Trauer über den Verlust von Werten der Demokratie.

Nachtrag: 

2016 gab es beim niederländischen Militär in Mali einen tödlichen Unfall. Die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert trat zurück. Die rechtsliberale Politikerin übernahm damit die Verantwortung für einen tödlichen Unfall beim Einsatz des niederländischen Militärs in Mali 2016, bei dem 2 Soldaten getötet und einer schwer verletzt wurde. Auch der Oberbefehlshaber Middendorf trat von seinem Posten zurück. 

Im Vergleich dazu Verteidigungsministerin von der Leyen zum Tod zweier deutscher Soldaten in Mali.

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