Das Virus kam, sah und Merkel siegte.
Das deutsche Volk ist endlich wieder mit der Regierung Merkels zufrieden. Laut Staatsfunk steigen die Beliebtheitswerte der Regierungskampftruppe, bestehend aus fünf Personen, in himmlische Höhen. Merkel, Söder, Spahn, Drosten und Wieler managen die Krise und versorgen das Volk mit Zahlen, Meinungen und ihren Wahrheiten.
Und wie immer in Krisenzeiten sehnen sich die Deutschen nach einer starken Führung und danach, strammstehen und salutieren zu dürfen.
Das Grundgesetz formuliert zwar „Die Staatsgewalt geht vom Volk aus“, aber wer das Volk und die Staatsgewalt sind, bestimmt gerade das „mächtige Häuflein“. Ganz so wie die fünf russischen Komponisten, die als Autodidakten in die höchsten Kreise der Musikwelt des 19. Jahrhunderts (leider oft erst nach ihrem Tod) aufstiegen. Die russische Musikwelt nannte diese „Dilettanten“ deshalb so, weil sich Tschaikowsky wie folgt über die Fünf geäußert hatte: „Alle neuen Petersburger Komponisten sind sehr begabt, aber sie zeichnen sich durch eine furchtbare Überheblichkeit aus und glauben auf ganz dilettantische Art, sie wären der übrigen Welt überlegen.“ Tschaikowskys Ideal von musikalischer Schönheit verlangte auch nach der Kompositionstechnik, die im Russland des 19. Jahrhunderts überwiegend deutschen und französischen Vorbildern folgte, was das „Mächtige Häuflein“ allerdings ablehnte.
Auch das „Mächtige Häuflein“ der Corona-Krise scheint andere „Kompositionstechniken“, sprich Vorgehensweisen, Meinungen und Erkenntnisse abzulehnen, womit der Tschaikowsky-Satz auch hier in geringer Abwandlung seine Anwendung findet. „Die heutigen Krisenmanager sind vielleicht begabt, aber sie zeichnen sich durch eine furchtbare Überheblichkeit aus und glauben auf ganz dilettantische Art, sie wären der übrigen Welt überlegen.“
So gibt es Meinungen, die hätten gehört und diskutiert werden müssen, Fachleute, die dem „Mächtigen Häuflein“ hätten etwas entgegensetzen wollen, Experten, die sinnvollere Maßnahmen ergriffen hätten, doch die Arroganz der Mächtigen ließ es nicht zu. Im Gegenteil – man sortiert den Andersdenkenden, den Kritiker nach altbewährtem Muster den Radikalen, den Verschwörungstheoretikern, den Reichsbürgern und den durch Russland Beeinflussten zu. In welcher der Kategorien sich demnächst der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort, ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, wiederfinden wird, bleibt abzuwarten. Er kritisierte bei Lanz, dass im täglichen Sprachgebrauch die Infektion mit dem Virus Sars-CoV-2 und die Krankheit Covid-19 fälschlicherweise gleichgesetzt wurde.
„Keine der Zahlen, die wir kennen, rechtfertigt die Angst, die in Deutschland geschürt wird“, sagte er. Er sehe keine Zahl, die ihn so ängstige und es rechtfertigen würde, alles herunterzufahren.
Vorsicht und Abstandsregeln seien gut und richtig, den Lockdown der Bundesregierung hält Schulte-Markwort jedoch für einen vorschnellen Reflex.
Bevor wir uns also wieder mit der weiteren Abschaffung des Grundgesetzes, dem heutigen „mächtigen Häuflein“ der Arroganz und Selbstherrlichkeit beschäftigen, lassen Sie mich, die ich in meinem Musikstudium mein Herz für die russische Musik entdeckte, einen Abstecher dahin machen und Ihnen die Herrschaften vorstellen, die diese Welt bereicherten und uns ablenken von den Ereignissen dieser Tage.
Balakirew, Borodin, Cui, Mussorgski und Rimski-Korsakow unterstanden den Blicken und Beurteilungen Tschaikowskys und alle haben uns großartige Werke hinterlassen. Wer kennt nicht Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ die Maurice Ravel so exzellent orchestriert hat? Auch Borodins „Polowetzer Tänze“ sowie Rimski-Korsakows Hummelflug und Scheherazade haben ihre Siegeszüge angetreten. Balakirew erfreut uns mit seiner Klavierkomposition „Die Lerche“ und der eher unbekannte Cui mit seinem wunderbaren Caprice-Impromptu.
Wer dann aber noch dem großen Tschaikowsky seine Aufmerksamkeit schenkt, dem erschließen sich Stunden größten Musikgenusses. Ausnahmsweise lade ich Sie ein, mit mir einen kleinen Abstecher in die russische Musik zu machen. Genießen Sie sein Italian Capriccio und vergessen Sie einen kurzen Moment unser arrogantes mächtiges Häuflein.