Jung, frech, selbstbewusst mit dem Zusatz ‚linksliberal‘.
Die Wahlen in Frankreich sind gelaufen. Sie waren spannend wie ein Krimi und Europa atmet auf. Wenn schon in Amerika mit Donald Trumps Wahl alles schiefgelaufen ist, sich Großbritannien gerade den Staub des „schmutzigen“ Europas vom Revers streift, hat es jetzt wenigstens Frankreich geschafft, die europäischen Erwartungen zu erfüllen.
Frankreich ist nun an der Stelle angekommen, an der sich Merkel nach ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin befand: Ihre Euphorie für Europa schien größer als die nationale Verantwortung. Der einzige Unterschied zwischen damals Merkel und heute Macron liegt darin, dass Merkel einen Parteiapparat hinter sich wusste, aus dem niemand mehr die Erlaubnis bekam, eigene Ideen oder Meinungen zu verkünden. Die CDU wurde ab sofort zu einer Monarchie-Partei mit Merkel als Souverän.
Macron hingegen hatte keine Partei hinter sich, an deren Spitze er sich wie damals Merkel nun automatisch stellen könnte. Er hat sich nach seiner Wahl erst seine Mannschaft zusammengesucht, die zum großen Teil aus einer Elite ohne Parteihintergrund besteht und ohne politische Erfahrung an den Start geht. Diesem Umstand, den Macron natürlich in seinem Wahlkampf nutzte, verdankt er seinen Wahlerfolg. Bei vielen seiner Wähler war nämlich die Hoffnung aufgekeimt, dass Macrons Regierungsteam das französische Volk besser repräsentieren würde als es bei seinem Vorgänger Hollande der Fall war. Das hatte Macron schließlich versprochen. „Doch der Präsident hat ein Kabinett nach seinem Ebenbild geschaffen“, schreibt Annika Joeres in Zeit online. Hatte es aber nicht jeder wissen müssen, dass ein ehemaliger Wirtschaftsminister aus der Regierungsmannschaft Hollandes, der gesellschaftlich aus der Elite kommt, keine nationale Politik fürs arbeitende Volk plant, sondern eher die Bühne Europas mit einer neuen Aufführung beglücken will. Zwar gehörte zu seinem Wahlversprechen auch die Modernisierung der Sozialsysteme und des Parlaments, doch dafür hat er ja hochgradig intelligente Wissenschaftler und Wirtschaftsfachleute rekrutiert, die nun beweisen müssen, dass sie das können.
„Sein Kabinett ist – würde man es auf Deutschland übertragen – eine Art schwarz-gelbe Koalition mit einigen sozialdemokratischen Ministern und einem grünen Umweltminister. Neoliberal in der Wirtschaft und gesellschaftlich offen, etwa bei Fragen der Homoehe.“
Merkel, die Einäugige unter den Blinden, hat in Macron ihr perfektes zweites Auge gefunden. Beide werden sie nach dem Brexit als europäisches Traumpaar einen zweiten Anlauf in und für Europa wagen, koste es in ihren Ländern, was es wolle.