Der Ausstieg aus allen fossilen Energien
von Kurt Rohmert
Deutsche Öko-Politiker sind davon überzeugt, dass unser Planet gerettet werden muss. Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen muss kommen, um die „Katastrophe“ zu verhindern. Doch bisher hat niemand klar und deutlich erklärt, woher in Zukunft ausreichende Energie kommen soll. Trotzdem werden Kraftwerke stillgelegt. Auch auf die Lieferung russischer Energie will man zukünftig verzichten. Was kommt da auf uns zu?
Das Industriezeitalter und damit unser Wohlstand wäre in Deutschland ohne eine zuverlässige Energieversorgung nie möglich gewesen. Die Industrie war das Fundament für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze. Mit hochwertigen und innovativen Erzeugnissen hat sich die deutsche Industrie über Jahrzehnte einen hervorragenden Ruf erarbeitet – dank hochqualifizierter Fachkräfte und einer exzellenten Forschung/Entwicklung (siehe BMWK).
Diese Stärke und eine weltweit führende Position wird von einer unfähigen Politikergarde und gleichgültigen Unternehmen aufs Spiel gesetzt. Die Wertschöpfung sinkt, die Energiewirtschaft wird zerstört, Technologien sind begraben. Eine politisch gewollte De-Industriealisierung mit verheerenden Folgen wird in Kauf genommen, ein Land mutiert zum Geisterfahrer in Sachen Energie. Wofür? Wir sind auf dem Weg ins politisch-korrekte, vegane, CO2-freie Paradies und damit ist der Planet gerettet.
Wie konnte es dazu kommen?
Das eigentliche Ziel, Atomstrom neben Energie aus fossilen Trägern wie Kohle, Öl und Gas abzulösen und durch erneuerbare Quellen wie Sonne und Wind zu ersetzen, hat zweifellos seinen Ursprung in der Debatte zum Klimawandel. Die Idee der Erneuerbaren Energien und der Ausstieg aus der Atomkraft geht auf die Anti-Atomkraft-Bewegung und die Gründung der Grünen zurück. Beides ist Teil einer Ideologie, die bereits 1980 zum ersten Mal den Begriff „Energiewende“ prägte.
Nach dem katastrophalen Unglück von Tschernobyl (1986) rückte die Gefahr der Atomnutzung ins Bewusstsein und förderte die Protestbewegung gegen die Castor-Transporte. Folge war, dass die rot-grüne Regierung den Atomausstieg auf ihre Agenda setzte. Eingeleitet hatten SPD/Grüne die Energiewende durch das EEG aus dem Jahre 2000 (Erneuerbare-Energien-Gesetz).
Seit Kanzlerin Merkel die Energiewende nach Fukushima (2011) und nach ihrem Ausstieg in den Wiedereinstieg in die Atomenergie entdeckte, galt diese als Chefsache. Wo war das Versprechen aus dem Wahlkampf 2009? Merkel hatte doch auf dem Deutschen Atomforum am 1.Juli 2009 erklärt, dass bis 2020 70% des Stroms aus Kernkraft, nur den Rest aus erneuerbaren Energien stammen solle.
Merkel, die Physikerin der Atompartei, vollzog 2011 die abrupte Kehrtwende, und entschied ohne Debatte, ohne Zweifel, ohne Rechtsgrundlage den Ausstieg aus der Atomkraft.
Auf diese Experten können wir verzichten
Wir sind 11 Jahre später. In Europa herrscht wieder Krieg, beherrschendes Thema sind natürlich die Sanktionen des Westens. Inmitten heißer Diskussionen ratloser Politiker taucht eine Erklärerin auf, die Erstaunliches zu sagen hat. Es ist: (Tusch) Frau Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Ökonomin weiß eigentlich immer Rat. Sie mahnt, solange wir nicht aus fossilen Energien aussteigen, drohen immer wieder Kriegsgefahren. „Wir befinden uns inmitten eines fossilen Energie-Krieges.“
Ja, und sie geht sogar noch weiter, mit der Verdrehung der Tatsachen, Putin setze Gas als politische Waffe ein. Seltsam, warum? Es sind doch die Europäer, die ein Embargo verhängen wollen. So ist es schlicht Kemfert-Unsinn, dass nur eine „Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien dauerhaft Frieden schafft.“
Es ist halt das Lieblingsthema dieser Frau, die kaum über solides Wissen verfügt, wie sie schon mehrfach bewiesen hat. Sie steht häufig in der Kritik, so warfen ihr Experten physikalisch-technische Unbedarftheit, argumentativen Pfusch und unbelegte Verschwörungstheorien vor. Ich habe ihre Aussage der Vervierfachung (der EE) mal nachgerechnet und ob es stimmt, dass wir ohne Gas und Kohle aus Russland auskommen und ob ein schnellerer Ausbau reicht.
Die politische Energiewende
Es geht hier also vorrangig um die Frage, was auf uns zukommt, wenn unser Energieverbrauch nur noch durch Erneuerbare Energien gesichert werden soll. Gibt es auch zukünftig eine ausreichende Energieversorgung, die die absolute Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft darstellt, oder haben wir uns damit von einer Industrienation verabschiedet?
In meiner Übersicht der Parteiprogramme zur Bundestagswahl 2021 hatte ich die Vorstellungen der Öko-Parteien geschildert, die alle darauf hinausliefen, bis spätestens 2040 (Grüne und SPD) klimaneutral zu sein. CDU und FDP machten keine Jahresangabe, aber wie alle anderen auch keine Aussage dazu, wie das Ziel erreicht werden soll. Eine „massive Ausbauoffensive“ (Grüne) musste da reichen.
Wie eine Klimaneutralität aussehen soll, das wissen wir nicht, Wirtschaftsminister Habeck hat vorsorglich seine Experten (?Agora Energiewende?) rechnen lassen. Das Klimaschutzgesetz legte die Klimaneutralität auf 2045 fest. Zwingende Voraussetzung ist der verstärkte Einsatz von Strom. Damit wird sich der Bruttostromverbrauch bei uns fast verdoppeln, es bleibt allerdings ein Rätsel, wieso sich der Primärenergieverbrauch (Strom, Heizen, Autofahren) laut DIW und Kemfert dadurch reduzieren soll.
Grundlage der Berechnung
Was ist denn nun richtig? Meine Berechnungen basieren auf einem Aufsatz von Physik-Professor Hermann Harde (früher Uni Hamburg). Ich nutze dafür die Grafik des Wirtschaftsministeriums mit den Energie-Zahlen von 2018, aber das ändert sehr wenig an den Ergebnissen für 2021 (der Anteil von EE stieg lediglich von 14 auf 16 %).
Bis 2018 waren über 86% der Energieträger fossil, also Kohle, Erdöl und Erdgas. Die Kernenergie scheidet bekanntermaßen 2022 ganz aus. Unsere Erneuerbaren haben lediglich einen Anteil von 13,8% an der Erzeugung Primärenergie von 3.640 x 10 hoch 12 Wh. Man beachte: Windkraft hat einen Anteil von 3% und Photovoltaik nur 1,3%.
Gern wird an dieser Stelle von den Grünen immer die Stromerzeugung genannt, weil hier die Zahlen schöner aussehen. Dort hatten die Erneuerbaren damals immerhin einen Anteil von 34,9%. Erzeugt wurde der Strom zu 17,2% durch Wind und 6,8% durch Photovoltaik, insgesamt 647 x 10 hoch 12 Wh. Anm.: Tera= Billion=10 hoch 12.
Berechnung der fehlenden Windkraftanlagen
a) Die gesamte Windkraft erzeugte damals 17,2% des Stroms (insgesamt 647 T Wh), das ergibt einen Windkraft-Anteil von = 111,2 T Wh.
b) Windräder müssten die fehlenden 86,2 % der fossilen Träger an der Erzeugung der Primärenergie ersetzen, es fehlen somit zur gesamten Primärenergie 3.640 T Wh x 0,862 = 3.130 T Wh
c) Wir hatten 2018 insgesamt 30.000 Windräder in Deutschland
d) Die Anzahl der Windräder müsste um den Faktor 3.130 : 111,2 = 28,15 erhöht werden, das ergibt 30.000 x 28,15 = 845.000 WKAs !
Was sagte die Ökonomin Kemfert? Sie sprach von Vervierfachung, laut Berechnung müssen die Windkraftanlagen aber etwa verdreißigfacht werden. Mit dem Tempo der letzten Jahre bräuchten wir dafür mehrere Hundert Jahre, wir wollen aber dieses Ziel laut Gesetz bis spätestens 2045 erreicht haben, also in 23 Jahren. Aber: eigentlich schon größtenteils in 8 Jahren, weil dann alle Kohlekraftwerke (d.h. 22% Energieverlust) vom Netz sind, Nebenbei bemerkt, ich habe die Steigerung des Stromverbrauchs nicht berücksichtigt, man geht bekanntlich von einer Verdoppelung aus (E-Autos, Wärmepumpen).
Wenn wir die gigantische Anzahl an Windrädern auf Deutschland (360.000 km²) verteilen, sehen wir auf jedem Quadratkilometer nach Abzug für Wohnbebauung, Wald, Industrie, Ackerland, Straßen usw. etwa 5 Windräder! Noch einmal: da wo heute 1 WKA steht, werden in Zukunft 30 stehen müssen. Unfassbar! Weitere gigantische Fakten: Jedes Fundament der neuen WKAs braucht 1.300 m3 Beton und 180 Tonnen Stahl. Gesamtgewicht ist 7.000 Tonnen. Lebensdauer 18-20 Jahre . Arbeitsleistung ca. 2.000 Stunden pro Jahr (bei insgesamt 8.800 Stunden).
Was passiert bei Dunkelflaute?
Mittlerweile haben wohl auch die Grünen begriffen, dass Windräder nicht immer Strom einspeisen. So haben sie 2021 ihr bisheriges Konzept dahingehend geändert, dass jetzt auch der Neubau von Gaskraftwerken geplant ist, um einen sicheren Energiebedarf zu garantieren. Diese sollen mit Erdgas befeuert werden und in Zukunft auch mit Wasserstoff. Mit diesem Zugeständnis korrigieren sie ihre Politik der letzten Jahre komplett, was natürlich auf erbitterten Widerstand der Grünen Lobby stößt.
Auch hier wollen wir einen Blick in die Wirklichkeit werfen. Wie sieht es mit dem Bau dieser Kraftwerke aus? Zunächst müsste man bei diesem Handlungsbedarf viel schneller werden, von der Planung bis zur Fertigstellung vergehen in der Regel 8 Jahre. Wohlgemerkt, der Kohleausstieg ist für 2030 geplant. Somit müssten bereits heute die Planungen für diese gigantische Lücke von ca. 23 GW, manche Experten schätzen sogar 43 GW, beginnen. Und was sagt die Bundesregierung? „Diese Frage wird gerade untersucht!“
Oder verlässt man sich auf ein Gutachten, welches besagt, dass auf den Märkten genügend Strom zu kaufen ist. Tatsache ist, wir sind von solchen Zielen noch meilenweit entfernt. Laut Bundesnetzagentur ist gerade ein Ausbau von 2,3 GW geplant. Fest steht, ohne ausreichende, alternativlose Gaskraftwerke ist der Kohleausstieg nicht möglich! Eon Chef Birnbaum prophezeit eine gigantische Stromlücke, dies dürfte sowieso drohen, weil wir das Gas für diese Kraftwerke (siehe Russland) nicht mehr bekommen und für Gas aus dem nahen Osten die Terminals fehlen (dank den Grünen). „Wir laufen in ein Blackout-Risiko.“
Was bedeutet das?
Laut der Experten-Meinung einer Grünen, nämlich Sylvia Kotting-Uhl (Studium Kunstgeschichte) bedeutet das lediglich die Abkehr von der Nachfrage, in Zukunft ist alles angebotsorientiert. Was heißt denn das? Ganz einfach: Strom gibts nur, wenn auch da, also klare Mangelwirtschaft wie in der DDR.
Wir begehen zur Zeit dank der Ampel-Regierung wirtschaftlichen Selbstmord. Deutschland ist in Europa einsamer Geisterfahrer. Und nicht, wie die ehem. Umweltministerin Schulze mal behauptete, „Beispiel für andere Länder“ beim Energie-Umbau. Andere Länder in Europa denken und handeln ganz anders. „Jetzt wird die Energiewende zu einer Gefahr für ganz Deutschland“ titelte die WeLT am 31. März 2021. „Die Kosten sind außer Kontrolle und es droht eine Stromknappheit“. Ich habe keinen einwandfreien Ansatz, keine Berechnungen gefunden, die logisch beweisen, dass die Energiewende funktioniert. Ähnlich wie beim Klimawandel reden alle davon, aber keiner kann oder will es erklären.
Der Ukraine Krieg beschleunigt die Katastrophe. Ohne Energielieferungen sind auch die Kraftwerke nutzlos. De facto können wir einen Großteil schon morgen abschalten. Andere Quellen? Im Moment nicht erkennbar, weshalb andere EU-Staaten ein Russland-Embargo entschieden ablehnen. Deutschland, der Geisterfahrer, steht am Abgrund, es reicht ein kleiner Schubser und wir stürzen erbarmungslos ab.
Hinweis: Mehr von Prof. Harde zum Klimawandel in einem der nächsten Beiträge.
Beitragsfoto: Pixabay (Donations_are_appreciated)