Sprache – schönste und gefährlichste Sache der Welt
„Aller guten Dinge sind drei“ denkt der Wähler, der die drei Kanzlerkandidaten Baerbock, Laschet und Scholz letztlich zur Präsentation in seinem Fernseher anhören konnte. So heißt ein deutsches Sprichwort, das man, bevor man es benutzt, erst einmal auf seine Spracherlaubnis hin überprüfen muss. Schließlich sind ja deutsche Kultur, also Literatur, Musik und Kunst seit Jahren unter die Räder gekommen und werden von „Meistern der Moral, Ethik und Tugend“ auf ihre Echtheit und Korrektheit hin abgeklopft.
Was aus dem Statement namhafter Schauspieler zur Regierungskritik geworden ist, wurde medial ausreichend kommuniziert, besser gesagt zerpflückt und mit Spott und Häme versehen. Die mediale Welt, früher einmal als die vierte Gewalt im Staate bezeichnet, die als Aufgabe hatte, die Arbeit der Regierung kritisch zu beleuchten und Politikern auf die Finger zu schauen, hat sich von dieser Aufgabe verabschiedet. Wozu sich das Leben schwer machen, wenn es doch reicht, dem linksrotgrüngegenderten Abschreib-Journalismus zu huldigen, der die Sicherheit bietet, sich in der richtigen Haltungsblase zu befinden? Da geht es nicht um Recherche, detaillierte Informationen und eine distanziert kritische Betrachtung. Nein – seit einigen Jahren sind die Medien die Dienstleister der Politik und funktionieren als Propagandamaschinerie. Die Koalition plante, den Deutschen Printmedien 2020 mit einer Fördermaßnahme in Höhe von 220 Millionen Euro für ihre treue Berichterstattung zu danken. Nach der Androhung des Onlinemagazins „Krautreporter“, juristisch gegen diesen Eingriff in die Pressefreiheit vorzugehen, legte die Regierung ihre Fördermaßnahme erst einmal wieder auf Eis.
Im Grunde genommen ist eine solche Belohnungsmaßnahme gar nicht mehr vonnöten, da die gesellschaftliche Spaltung in Gute und Böse sowie das Schwarz-Weiß-Denken längst eine neue deutsche Staatsform kreiert haben, die als Merkelismus bezeichnet wird. Diese Regierungsform, die Merkel eine Amtszeit von 16 Jahren bescherte, zeichnet sich aus durch die Plünderung von Inhalten fremder Parteiprogramme, was das Merkelzitat bestätigt: „Mal bin ich liberal, mal bin ich konservativ, mal bin ich christlich-sozial – und das macht die CDU aus.“ Aus der heutigen Sicht erhält die CDU wohl eher den Stempel „Merkelwahlverein“ mit der Zusatzbemerkung: „profillos“, weil sang- und klanglos. Corona und Merkel befreiten die BRD von der Bürde der Demokratie, nahmen den Bürgern die Grundrechte und verbannen das Grundgesetz in die Schublade, wo es zukünftig wohl häufiger landen wird. Unter der Prämisse „Mutti wird‘s schon richten“ verabschiedeten sich die CDU-Abgeordneten sowohl von ihrer Anwesenheitspflicht aus dem Bundestag als auch intellektuell von ihrer Debatten-, Mitsprache-, Entscheidungs- und Abstimmungspflicht.
Gender-Schnüffelnasen bei den Dichtern und Denkern
Gibt es etwas Schöneres als deutsche Lyrik? Denken wir an Droste-Hülshoffs „Der Knabe im Moor“ oder Goethes „Erlkönig“ oder Fontanes „Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“. Und nun bringen wir einmal diese Gedichte, diese Kunst mit der heutigen Gender-Ideologie in Verbindung. So wie die oben genannten Gedichte wäre auch Goethes Zauberlehrling aus Gender-Überlegungen auf dem Index, müsste in „Die Zauberlehrlingin“ umgeschrieben werden und Erich Kästners „Sogenannte Klassefrauen“ bekämen aus sexistischen Gründen eine Zensur verpasst. Wer das für übertrieben hält, darf den Lyriker Eugen Gomringer befragen, der mit dem Poetikpreis der Hochschule ausgezeichnet wurde, an deren Fassade sein Gedicht prangte, wofür die Hochschule eine Nutzungsgebühr an den Künstler entrichtete. Vorbei! „Me-Too“ hat es vollbracht, ein Liebesgedicht in ein sexistisches Monster zu verwandeln, womit wir bei der „natürlich gewachsenen“ gegenüber der „gekünstelten“ deutschen Sprache angekommen wären.
Meine Studien der deutschen und polnischen Sprache haben mich gelehrt, was es bedeutet, aus einem Pool von bis zu einer halben Million Deutscher Wörter, Begriffe und Synonyme schöpfen zu können, was dem Polen in seiner Sprache verwehrt ist. Er allerdings liebt sein Land und seine Sprache und wird einen Teufel tun, sie auch nur irgendwie zu verkünstlichen. Es braucht eben eine Identität, die Patriotismus zulässt und zur Solidarität und Gemeinschaft führt.
Wie wenig davon in diesem Land vorhanden ist, kann immer wieder schockieren. Eine Verwüstung von knapp siebzig Statuen, Stelen, Sarkophagen und Gemälden in vier verschiedenen Museen auf der Berliner Museumsinsel im letzten Jahr ist eines von vielen Beispielen. Im Zuge der Proteste gegen die Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten hatte die Diskussion über Rassismus Fahrt aufgenommen und Ruck zuck hatte Berlin eine Georg Floyd Straße. Wütende Menschen begannen, Denkmäler zu zerstören.
So landete inzwischen Christoph Columbus im Dreck und auch in Deutschland gerieten Bismarck, Richard Wagner, Karl Marx und Luther in die Diskussion, ob man sich nicht von ihnen irgendwie verabschieden sollte.
Wäre es so abwegig, eine Erklärtafel zum Geschichtsverständnis von Statuen oder Straßenschildern hinzuzufügen, um Leistungen und Sünden von Vertretern ihrer Zeit einordnen zu können.
Wer in Kiel ein Restaurant besuchen möchte, sollte „Zum Mohrenkopf“ einen Besuch abstatten und sich nicht wundern, dass plötzlich ein leibhaftiger Mohr vor ihm steht, um ihm sein Menü zu servieren. Andrew Onuegbu, Inhaber des Restaurants, hält nichts von der Debatte um rassistische Restaurantnamen. Namen wie Mohrenstraße oder Mohren-Apotheke zu tilgen, ist aus Sicht Onuegbus grundfalsch: Man sollte nicht auf diese Weise Geschichte ausradieren wollen. Wenn jemand fragt, warum die Mohrenstraße so heißt, könne man doch darüber diskutieren und seine Geschichtskenntnisse erweitern, findet er. Rassismus stecke nicht in Namen und Logos, sondern im Herzen von Menschen.
So einfach funktioniert ein gesunder Menschenverstand, wenn er nicht von linksrotgrüngegenderten Ideologen und Besserwissern „kultiviert“ wurde. Würde es dabei bleiben, zwei, drei Wörter aus der deutschen Sprache eliminieren zu wollen, könnte man Ruhe bewahren. Der Bürger bewahrte sie und was passierte? Diese Ruhe wurde sofort ausgenutzt. Denn wie heißt ein weiteres deutsches Sprichwort? „Wem man den kleinen Finger gibt, der nimmt die ganze Hand“, und so wurde die gesamte deutsche Dichter- und Denkerlandschadt nach weiteren Fingern der Hand abgesucht. Beginnend bei Straßennamen weitet sich die Suche längst schon auf Apotheken, Restaurants und Universitäten aus. Die Uni Greifswald strich ihren Namenszusatz „Ernst-Moritz-Arndt“ , weil sich der Schriftsteller juden- und franzosenfeindlich geäußert hatte.
Ein Ortsteil von Olpe im Sauerland heißt Olpe-Neger. Dieser Name geht aber nicht zurück auf das N-Wort, mit dem Schwarze diskriminiert werden, sondern auf den Fluß im Ort. Jetzt werden Rufe laut, das Dorf umzubenennen. Wäre ich Satirikerin, würde ich vorschlagen, das Dorf „George Floyd Dorf“ zu nennen.
Haben wir denn hier in unserem Land eigentlich keine Opfer, keine Getöteten, die verdient hätten, einer Straße oder Schule ihren Namen zu geben?
Auf der weiteren Such nach Rassismus, Sexismus, Antisemitismus oder auch Islamophobie in Elternhäusern und Amtsstuben, in Sprech- und Schriftsprache wird der Studierende noch so manchen Titel erringen und als Doktor oder Professor schon beim geringsten, noch kaum feststellbaren Geruch danach bereinigend tätig werden.
Nein, auf einer Adolf Hitler Straße möchte niemand wohnen, was jedoch gegen eine Pipi Langstrumpf Straße einzuwenden wäre, leuchtet nicht ein. Fragen wir Peter Fiala, der uns erklärt, dass sich Rassismus auch in scheinbar harmlosen Zusammenhängen findet, wenn sie denn akribisch gesucht würden. Gibt man beispielsweise in der deutschen Version der Suchmaschine Google die Begriffe „Pippi Langstrumpf“ und „Rassismus“ ein, so werden einem circa 165.000 Ergebnisse angezeigt.
Ja, Ihr Schnüffler, Verbalakrobaten und Gender-Getriebenen, löscht sie aus die Geschichte, die Zeitdokumente und Menschensünden ihrer Zeit! Bereinigt Kunst, Musik, Literatur nach euren Vorstellungen! „Das neueste Hobby der politisch Korrekten: Listen mit Büchern, die Frauen nicht lesen sollen, weil sie sexistisch sind“, lässt uns die „Welt“ wissen. Die Essayistin Rebecca Solnit widmet In ihrem Essayband „Die Mutter aller Fragen“ ein Kapitel „80 Büchern, die keine Frau lesen sollte“.
Literatur kommt wie jede Kunst aus der Gesellschaft und ihrer Realität. Was Goethe schrieb, was Heine dichtete, was Beethoven komponierte und Wagner auf die Bühne brachte – Geschichtsdokumente mit individueller Aussage über ihre Zeit, vermittelt über die künstlerischen Wege von Sprache und Musik.
Wer erteilt den linken Kulturbanausen das Recht, wie ein Fadenwurm in die Kunst- und Geschichtsaussagen der Literaten, Komponisten und Schriftsteller zu kriechen und nach Nahrung zum Zwecke der Gleichschaltung, der Kulturschändung und Selbstsucht zu suchen? Das Gute würde sie leiten, wäre wohl ihre Antwort. Denn was ist es anders als gut, dafür zu sorgen, dass die ihrer eigenen Meinung nach „entarteten“ Sätze, Wörter und Passagen auf den Müll wandern? Da kann doch niemand etwas dagegen haben! Und danach sieht es inzwischen in dieser Republik aus.
Wie heißt es da in der Zitatensammlung so treffend? „Eine Lüge muss nur oft genug erzählt werden, damit sie irgendwann als Wahrheit empfunden wird.“ Dieses Zitat wurde Goebbels zugeschrieben, lautet allerdings im Original: „Das Wesen der Propaganda ist die Einfachheit und die Wiederholung. Nur wer die Probleme auf die einfachste Formel bringen kann, und den Mut hat, sie auch gegen die Einsprüche der Intellektuellen ewig in dieser vereinfachten Form zu wiederholen, der wird auf die Dauer zu grundlegenden Erfolgen in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung kommen.“ (Joseph Goebbels, Tagebuch, 29. Januar 1942, zitiert nach https://falschzitate.blogspot.com/2017/12/eine-luge-muss-nur-oft-genug-wiederholt.html).
An diesem Machtspiel hat sich bis heute nichts gerändert. Die Bezeichnungen sind nur andere geworden. Was der Bürger Lügen nennt, nennt der politische Gegner Populismus, der Nationalsozialist Propaganda und der Medienmogul Framing.
Für ein winziges Trösterchen im Blätterwald der linksrotgrünen Genderisten und Sprachpolizisten sorgt im hohen Norden ein einzelner Politiker. Nach dem Willen von Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß soll es in Behörden, Ministerien, Schulen und Universitäten ein Verbot für die angeblich genderneutrale Sprache geben.
Wäre generell unbedingt erstrebenswert, da die Mehrheit der Deutschen einer Umfrage zufolge gegen das Gendersprech ist.
Ich beende diesen Beitrag lyrisch und bewusst mit diesem Text:
Ich hatte einst ein schönes Vaterland
Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft –
es war ein Traum.
Das küßte mich auf deutsch und sprach auf deutsch
(man glaubt es kaum,
wie gut es klang) das Wort: „Ich liebe dich“ –
es war ein Traum.
Heinrich Heine (1832)