… für zivilen Ungehorsam
Vor wenigen Tagen berichteten die Medien, dass 45 deutsche Millionäre und Milliardäre so viel besitzen wie die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Diese Information wirft automatisch die Frage auf: Wer profitiert demnach von Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinnen – die ganze Gesellschaft oder nur einige wenige? Wie ist ein solcher Zustand für Geringverdienende und „Arbeitstiere“ zu verkraften, die erst den Niedriglohn, dann die Altersarmut zu ertragen haben?
Hier meine tröstende und augenzwinkerne Antwort auf eine Welt ohne Maß und Mitte.
Der Millionär
In übergroßer Dimension
sitzt der Reichling auf dem Thron,
den Kopf erhoben, selbstbewusst,
in Reichtum badend voller Lust.
Arme Würstchen um ihn rum
biegen ihre Rücken krumm,
putzen, laufen, fahren, dienen
voller Fleiß, grad wie die Bienen.
Gott, was man nicht alles tut,
damit der Reiche fühlt sich gut!
Köche sorgen für den Magen,
Schneider richten seinen Kragen,
der Chauffeur steht prompt bereit,
Tag und Nacht –zu jeder Zeit;
erst zur Party, auch zur Bank,
dann zum Weltwirtschaftsempfang.
Der größte Immobilienhai
schaut demnächst bei ihm vorbei.
Im Angebot die Galerie
Nähe Oper, vis-à-vis.
Dort wird er die Kunst anmelden,
seine Sammlung von Gemälden,
Gold und Silber, Porzellan …
er wird auch selber Bilder mal’n.
Inge kann den Staub dann wischen,
Gregor das Buffet auftischen,
Koch Paolo kocht das Essen,
Hassan soll den Saal vermessen,
Nesrin putzt das Silber blank,
Raphael poliert den Schrank.
Für ein glänzend‘ Pferdefell
sorgt im Stall der Samuel
Alle sind vom Dauerbuckeln
und vom vielen Runterschlucken
ganz geschafft – die Rückenschmerzen
sind schon längst nicht mehr zum Scherzen.
Trotz der harten Schufterei
ist kein Einziger dabei,
der von seinem Sklavenlohn
kann ernähren seinen Sohn.
Da! Ein kluger Geistesblitz,
ernst gemeint vom Gärtner Fritz:
„Nicht länger sind wir ihre Schafe,
lasst uns ersinnen eine Strafe
für alle, die aus Geiz und Gier
für uns haben kein Gespür!
Wir stellen unsere Arbeit ein
bei diesem Millionärsverein!“
Gesagt, getan – der Streik brach aus,
kein armer Teufel hielt sich raus.
Chauffeur, Koch, Putzfrau und Friseur
taten ab sofort nichts mehr.
Schmutz, Müll, Unrat, Staub und Dreck
fand man bald an jedem Fleck.
Nach zwei, drei, vier, fünf, sechs Wochen
kommt das Kapital gekrochen.
In den Villen und den Firmen
begann der Unrat sich zu türmen.
Auch im Exklusiv-Büro
sitzt der Reichling auf dem Po.
Um ihn rum ist’s öd’ und leer,
nirgendwo ein Sklave mehr,
der für einen Hungerlohn
dient dem Boss auf seinem Thron.
Auf den Knien händeringend
bittet er um Hilfe dringend.
Endlich spür’n die Arroganzen,
dass für sie wird niemand tanzen.
Erst wenn Demut sie befällt,
sie geheilt von Gier nach Geld,
wenn der Mensch den Menschen ehrt,
erst dann ist Reichtum etwas wert.
(Aus meinem satirischen Buch „Ein Mensch seine Frau sieht ROTH“)