Ö… und Deutschland mittendrin
Vor lauter „Corona“ passiert es, dass wichtige Meldungen einfach nur noch am Ohr oder Auge vorbeihuschen. Das möchte ich mit einer Meldung nicht geschehen lassen. Und die lautete wie folgt: SIPRI-STUDIE (Friedensforschungsinstitut in Stockholm) bestätigt höchsten Zuwachs bei weltweiten Militärausgaben seit zehn Jahren.
Die Staaten der Erde haben im vergangenen Jahr, also 2019 fast zwei Billionen Dollar in ihre Militärapparate gesteckt. Diese Information ist schockierend, noch schockierender allerdings empfinde ich die Ausführungen über Deutschland. Hier betrug der Anstieg sogar zehn Prozent auf 49,3 Milliarden Euro. Das war der größte Zuwachs in Europa. Damit rückte Deutschland von Rang neun auf Rang sieben der Länder mit den größten Rüstungsausgaben vor. Das ist die Bronzemedaille in Europa nach Frankreich und Großbritannien. Der Grund für dieses enorme Anwachsen der Militärausgaben ist nach Einschätzung des Sipri-Experten Diego Lopes da Silva auch „die Wahrnehmung einer gestiegenen Bedrohung durch Russland“.
Ich hätte mir nach der globalen Katastrophe, die Hitler und die Deutschen der Welt beschert hatten, gewünscht, dass kein Mensch mehr durch deutsche Waffen sein Leben verlieren müsste.
Ein frommer Wunsch, der schon 10 Jahre nach der Katastrophe ausgeträumt war. 1955 wurde Deutschland Mitglied der NATO und durfte eigene Waffen produzieren. Adenauer hatte sich dafür stark gemacht, dass Deutschland trotz seiner Vergangenheit wieder am Rüstungsgeschäft teilnehmen durfte – und das tat es mit gekonntem Einsatz.
„Die Geschichte von Firmen wie die von Fritz Werner hat tief im Dritten Reich begonnen, doch das hinderte nicht das jahrzehntelange Wohlwollen der deutschen Politik gegenüber den Waffenproduzenten und -exporteuren. Wohlgemerkt: wenn man nach Jahrzehnten, im Jahr 2013, erfährt, dass der Filmschauspieler Horst Tappert mit 19 Jahren ab 1942 als Flakhelfer Mitglied der Waffen-SS war, ist das ein Grund für das ZDF, sieben Jahre nach dessen Tod, im Jahre 2015, sämtliche Filme der 20 Jahre lang beliebten Derrick-Reihe ein für allemal aus dem Programm zu streichen; so politisch korrekt sind wir. Firmen aber, die ihre Existenz nur der NS-Zeit verdanken, sind nach wie vor verdienstvoll für die BRD. Man wird sich ja nicht die eigenen Geschäfte verderben. Dabei sind die Geschäfte dieser Firmen gar nicht anders als kriminell zu bezeichnen.“ (Drewermann)
Siehe dazu die Geschäfte von Fritz Werner und Heckler und Koch in Myanmar (Burma), im Sudan, in Kolumbien, Griechenland, Nigeria, Argentinien. Heute beliefert das Rüstungsunternehmen Rheinmetall mehr als 80 Staaten. Nicht Sigmar Gabriel, nicht Merkel, nicht von der Leyen sind da auszunehmen von den Mächtigen, die Erlaubnisse erteilen für eine kriegerische und nicht friedliche Welt.
Zu einem umfassenden Schock führt uns Eugen Drewermann mit seinem Buch „Kapital und Christentum 3“. Speziell zu empfehlen sein Kapitel 3 (Kriegsgewinnler: Waffenproduzenten, Söldner und Politiker).
Zwischen 1955 und heute hat sich nichts geändert. Damals unter Adenauer machte Fritz Werner seine Geschäfte und Franz-Josef Strauß sorgte für die Geheimhaltung. Daran änderte auch das Kriegswaffen-kontrollgesetz von 1966 nichts. Es wurde mit Taschenspielertricks umgangen unter Mitwirkung aller Bonner Regierungsbeamten. Strauß spielte damals eine Hauptrolle und sorgte dafür, dass durch Geheimdienste und Lobbyvertreter wie Karl-Heinz Schreiber Gelder flossen. Er war potentieller Sponsor und Spender der 100.000 DM, die Wolfgang Schäuble, der trotzdem die Karriereleiter bis zum fast höchsten Staatsamt erklomm, entgegennahm. Damals gehörte Deutschland zu den drei größten Waffenlieferanten der Welt. Kohl sorgte dafür, dass Deutschland der fünftgrößte Waffenhersteller und Lieferant wurde. Deutschland half sogar bei der Material-Zulieferung an Irak für eine Giftgasfabrik und Tausende verstarben. Als Wiedergutmachung wurden dann Verletzte in deutsche Krankenhäuser verbracht.
Auch unter Rot-Grün wurden weiter Waffen verkauft und trotz einer neuen Rüstungsdoktrin blieb die Herstellung von Panzerfirmen in anderen Ländern erlaubt.
Dass sich von 2015 bis 2019 die Militärausgaben Deutschlands von 40,89 auf rund 51,19 Milliarden US-Dollar erhöht haben, zeugt nicht gerade davon, dass Deutschland sich auf eine Friedensperiode vorbereitet. Und der Forderung Trumps nach einer Erhöhung des deutschen Militärbudgets auf mindestens 2% des BIP – auch von 4% war schon die Rede – will Merkel bis 2024 nachkommen.
Die globale Aufrüstungsmaschinerie ist im Gange und Deutschland mittendrin. Verteidigungsministerien Kramp-Karrenbauer plant den Kauf von 45 F-18-Kampfjets des US-Herstellers Boeing, weil nur diese im Ernstfall die in Deutschland stationierten US-Atombomben zum Ziel fliegen können. Atombomben, die hier nichts zu suchen haben und Deutschland nicht sicherer, sondern unsicherer machen im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West.
Ein weiteres Kapitel schlägt gerade der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber im Verteidigungsministerium auf, der uns noch aus seinen Skandalzeiten („Wer nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch“) in Erinnerung ist. Die umstrittene Bewaffnung von Drohnen steht auf der Tagesordnung einer Expertendebatte, zu der er Mitglieder aller Bundestagsfraktionen geladen hat.
Abschließend kann ich dazu nur bemerken: Wer aus seiner so „ruhmreichen“ Vergangenheit durch großartige Rüstungsfirmen wie Heckler&Koch, Rheinmetall, Krauss-Maffei-Wegmann, Thyssen-Krupp u.a. Kriegsgeräte bester Qualität in alle Kriegs- und Krisengebiete verteilt und verteilen lässt, sollte von seinem moralischen Zeigefinger gegenüber anderen Ländern besser keinen so häufigen Gebrauch machen. Diesen in einer geballten Faust zu verbergen, wäre symbolisch wohl angebrachter.